Um 1900 hat das Sprechen über die adäquate Bildung der Kinder in Frankreich und Spanien
Konjunktur. Dieses diskursive Interesse an der Schule ist - egal von welchem Standpunkt aus es
formuliert ist - konsequent an Reflexionen über die ideale Verfasstheit von Gesellschaft und
staatlicher Organisation geknüpft. Alles was mit dieser zusammenhängt ist mithin eine
hochgradig politische Angelegenheit welche die öffentliche Aufmerksamkeit in Zeiten moderner
Ausdifferenzierung und Destabilisierung in besonderer Weise zu bündeln vermag. Die Studie nimmt
die Verzahnung der im schulischen Feld verbreiteten Haltungen Praktiken Werte und Normen mit
den zirkulierenden Auffassungen von Staatbürger:innenschaft Mündigkeit Handlungsfreiheit
gesellschaftlicher Einheit Kohäsion und stimmigem Miteinander im sozialen Imaginären in den
Blick. Über die Analyse von pädagogischen psychologischen und politischen Traktaten Lehr- und
Kinderbüchern sowie Schulfiktionen rekonstruiert sie Machtkämpfe und identitäre Verhandlungen
und profiliert deren Zusammenhang mit Konstruktionen der idealen Staatsform. Damit schafft sie
ein Verständnis für das Oszillieren Frankreichs und Spaniens zwischen Monarchie und Republik in
der Frühphase des Konstitutionalismus und berührt die Wurzeln einer Gesellschaftsauffassung
die für die beiden Länder bis heute prägend geblieben ist.