Der Genscherismus als Kampfbegriff hat seinen Ursprung in der deutschen Außenpolitik der
1980er-Jahre. Mithilfe des New Cultural Approach on Diplomatic History geht Alexander
Litvinenko der Genese und der Tiefendimension dieses transatlatischen Phänomens auf den Grund
und verortet die Wurzeln in der von Washington geäußerten Kritik an Genschers Zustimmung
gegenüber Gorbatschows Reformen in den entspannungspolitischen Entwürfen des vorangegangenen
Jahrzehnts. Somit ist der Begriff keineswegs eine wohlwollende Umschreibung des
Außenpolitikstils Genschers sondern stellt die Rezeption eines Bahrismus der 1980er-Jahre dar.
Jedoch zeichnet sich bei der Beobachtung der weiteren Entwicklung des Begriffs eine
anerkennende Umdeutung ab.