Der Briefwechsel zwischen Kurt Hiller und Hans Giese führt vor Augen woran der Neuanfang der
deutschen Homosexuellenbewegung um 1950 scheiterte.Nach 1945 gelang es in Deutschland auf lange
Zeit nicht eine schlagkräftige und in sich geschlossene Bewegung gegen die antihomosexuelle
Strafgesetzgebung aufzubauen und an die Erfolge und Verdienste der ersten deutschen
Homosexuellenbewegung von vor 1933 anzuknüpfen. Dies lag unter anderem an dem restaurativen
gesellschaftlichen Klima der Nachkriegszeit. Doch nicht nur nach außen stieß man auf
Widerstände auch intern gab es Unstimmigkeiten und Konflikte. Hans Giese versuchte in
Frankfurt ab 1949 das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK) neu zu errichten und bat Kurt
Hiller im Londoner Exil um seine Unterstützung. Divergierende Vorstellungen in Bezug auf Taktik
und Ziele der neuen Bewegung führten aber schon bald zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden
prominenten Aktivisten. Woraus resultierten ihre Differenzen? Raimund Wolfert hat sich den
Briefwechsel zwischen Hans Giese und Kurt Hiller sowie die zwischen anderen Protagonisten der
deutschen Homosexuellenbewegung um 1950 angesehen und deren unterschiedliche Positionen
herausgearbeitet. In der Diktion Kurt Hillers verlief die Trennlinie zwischen »Befugten« und
»Dilet-Tanten«.