Vergessen als Filter als Waffe und als Voraussetzung für die Schaffung des Neuen. Angesichts
der gegenwärtigen Dominanz der Auseinandersetzung mit Erinnerung haben wir das Vergessen
anscheinend vergessen. Tatsächlich ist aber nicht das Erinnern sondern das Vergessen der
Grundmodus menschlichen und gesellschaftlichen Lebens. Für das Erinnern bedarf es einer aktiven
Anstrengung Vergessen hingegen geschieht lautlos und scheinbar unspektakulär. Dass Vergessen
aber auch ein aktiver Prozess sein kann zeigt Aleida Assmann in ihrer zweigeteilten
Untersuchung. Im ersten Teil beschreibt sie neben sieben konkreten Techniken für das Vergessen
dessen verschiedene Ausprägungen: vom selektiven Vergessen zur Fokussierung auf bestimmte
Erinnerungen über defensives Vergessen etwa als Selbstschutz der Täter bis hin zum
konstruktiven Vergessen als umfassendem Neubeginn. Im zweiten Teil liefert Assmann sieben
Beispiele zu den zuvor beschriebenen Formen des Vergessens. Dabei geht sie unter anderem auf
die Unsichtbarkeit von Denkmälern (deren eigentliche Aufgabe das Erinnern sein sollte) das
Vergessen von Menschenrechtsverbrechen »im Schatten des Holocaust« (wie dem Genozid an den
Herero) oder die (Un-)Möglichkeit des Vergessens im Internet ein.