Über die Anfänge des Trauma-Konzepts in der Literatur um 1800.Das Konzept des Traumas ist in
den letzten Jahrzehnten sowohl zu einer psychiatrisch anerkannten Kategorie als auch zu einem
kulturellen Paradigma avanciert. Das Wissen um psychische Verletzungen und ihre Langzeitfolgen
besetzt heute einen festen Platz im menschlichen Selbstverständnis. In den
Literaturwissenschaften ist die Trauma-Theorie zu einem wichtigen inter¬pretatorischen Ansatz
geworden insbesondere für die Forschung zur Nachkriegs- und Nachwendezeit. Wie aber wenn
unser heutiges Trauma-Para¬-digma bereits im frühen 19. Jahrhundert begänne? Wenn es das
moderne Subjekt und seine Literatur mitkonstituierte? Vor dem Hintergrund zentraler
kultu¬r¬eller wissenschaftlicher und medientechnischer Umwälzungen der formativen Zeit um 1800
arbeitet Nicole Sütterlin die traumatologischen Sub¬strukturen romantischer Texte heraus um
die poetologische und subjekt¬geschichtliche Tragweite des Trauma-Konzepts avant la lettrezu
erkunden. Im Dialog zwischen Trauma- und Romantikforschung werden neue Perspektiven auf
bekannte romantische Erzählstrukturen eröffnet und die Relevanz und Problematik eines bis heute
anhaltenden Denkmodells reflektiert das den Menschen von seinen psychischen Wunden her
versteht.