In Lichtenbergs Sudelbüchern erfolgt die Beobachtung des Kleinen in der Natur und beim Menschen
durch Wissensformen die an der Schnittstelle von Rhetorik und Naturlehre entstehen.In seinen
Sudelbüchern notierte Georg Christoph Lichtenberg 35 Jahre lang allerlei Einfälle
Ideenassoziationen Gedankenexperimente und Versuchsanordnungen. Diese legendären Notizhefte
bilden jedoch kein literarisches bzw. epistemisches Ganzes. Sie sind vielmehr ein Sammelsurium
von Texten in dem die »zwei Kulturen« aufeinandertreffen: die rhetorisch-poetische und die
naturwissenschaftliche. Das Aufzeichnen besitzt dabei eine doppelte zeitliche Signatur denn
diese kleinen Textformen haben nicht nur eine mnemonisch-aufbewahrende Funktion sie erweisen
sich auch als Winke für künftiges Wissen. In ihrer Monographie geht Elisabetta Mengaldo dem für
die Sudelbücher zentralen Zusammenhang von Rhetorik als traditioneller Kulturtechnik und Formen
der Wissensanordnung an der Schwelle zwischen taxonomischen Modellen und modernen Beobachtungs-
und Experimentalpraktiken nach. Dabei kommt dem »Kleinen« sowohl als Forschungsobjekt als auch
als hybrider kurzer Prosaform eine geradezu emblematische wissensgenerierende Funktion zu.