Wie kaum ein anderes Kunstwerk regt die antike Laokoon-Gruppe seit der Renaissance zu
divergierenden Deutungen an.Das von Plinius d. Ä. hochgeschätzte Meisterwerk zeigt den
Todeskampf eines Priesters und seiner Söhne die am Altar von gottgesandten Schlangen
überwältigt werden. Für Winckelmann und Lessing verkörperte die 1506 in Rom wiederentdeckte
Skulptur ein durch Beherrschung und Schönheit gemildertes Leiden. An den Akademien der Frühen
Neuzeit dagegen fungierte sie als Muster des Affektausdrucks sodass dem sterbenden Priester
auch jene Schmerzensschreie zugeschrieben wurden die Vergil im Text der Aeneis erwähnt. Diese
'barocke' Sichtweise blieb über einen Zeitraum von 250 Jahren stabil bevor sie durch das
neoklassizistische Ideal der Affektdämpfung abgelöst wurde.Erstmals stellt eine Monographie
diese weitgehend vergessenen Schicht der Überlieferung im Zusammenhang dar. An die Seite des
semiotischen Kunstvergleichs der die Debatte ab dem 18. Jahrhundert prägt tritt eine Fülle
weiterer Gesichtspunkte und Fragen. Das Buch behandelt die künstlerischen Reflexe des
Laokoon-Mythos vor der Wiederentdeckung der Gruppe ebenso wie die Herausbildung einer vom
antiken Vorbild unabhängigen Laokoon-Ikonographie im 16. und 17. Jahrhundert. Im Mittelpunkt
steht aber die enorme Bedeutung die das Laokoon-Exemplum sowohl in der Kunst und Kunsttheorie
der Gegenreformation als auch im Curriculum der frühneuzeitlichen Akademien - vor allem in Rom
und Paris - eingenommen hat.Besonders hervorzuheben ist die Aufarbeitung breiter bisher
unberücksichtigter Materialen sowie die Publikation zahlreicher teils entlegener Bildquellen.
Zitate aus dem Lateinischen Italienischen Französischen und Englischen wurden durch den
Verfasser vollständig ins Deutsche übertragen.