Diese erstmals veröffentlichten Moskauer Archivfunde eröffnen eine neue Perspektive auf die
Geschichte des deutschsprachigen Literaturexils in der Sowjetunion. Die geschlossene Sitzung
der Parteigruppe der Deutschen Sektion des Sowjetischen Schriftstellerverbands im September
1936 setzte ein Fanal: An vier quälend langen Abenden ging es um Verbrechen und Schuld
mangelnde Wachsamkeit und die Lehren die aus dem Moskauer Schauprozess gegen die
»trotzkistischen Banditen« zu ziehen seien. Entsprechend brisant war die Entdeckung des
Stenogramms das Reinhard Müller 1991 unter dem Titel »Die Säuberung« edierte. Die im
vorliegenden Band erstmals veröffentlichten Sitzungsprotokolle Resolutionen und Briefe aus den
Jahren 1935 bis 1941 erhellen ein dramatisches Geschehen das in jenem Herbst nicht erst begann
und auch nicht endete. In der Enklave der Exilautoren wurde der allgegenwärtige Terror nach
innen gewendet. Auf engstem Raum belauerte man sich gegenseitig und rang um politische
Akzeptanz und das persönliche Überleben. Die Dokumente lassen sich als Chronik einer inneren
Zerrüttung lesen die einerseits Mythen über das Literaturexil in der stalinistischen
Sowjetunion aufbricht andererseits das Schweigen der Akteure - darunter Johannes R. Becher
Willi Bredel Alfred Kurella Georg Lukács Herbert Wehner Erich Weinert und Friedrich Wolf -
in der Nachkriegszeit erklärt.