Eine Pionierin der modernen Wissenschaft zwischen West und Ost zwischen Labor und
Öffentlichkeit. Als eine der ersten Frauen machte sich die 1866 bei Kyjiw geborene Józefa
Joteyko einen Namen in der Physiologie der Psychologie und der Pädologie. Sie forschte lehrte
schrieb und publizierte innerhalb wie außerhalb der Universität - stieß an Grenzen und
überschritt diese. Ihr Wirken in Brüssel vor dem Ersten Weltkrieg setzte sie ab 1919 in
Warschau fort der Hauptstadt des neuen polnischen Nationalstaates. Als ambitionierte Frau in
einer Männerdomäne stellte Joteyko Vorstellungen und Praktiken darüber infrage wer
Wissenschaft als Beruf ausüben darf und wie Geschlechterunterschiede wissenschaftlich zu
bestimmen sind. Als Herausgeberin und Wissenschaftsorganisatorin nutzte sie internationale
Zeitschriften und Institutionen sowie ein transnationales Netzwerk zwischen West- und
Ostmitteleuropa. Als beratende Expertin setzte sie sich zugleich für gesellschaftliche
Nationalisierungsprozesse ein etwa mit ihren Plänen zum Aufbau einer 'polnischen Schule'.
Sophie Schwarzmaier stellt Józefa Joteyko erstmals einem breiteren Publikum vor und beleuchtet
dabei die Verflechtungen europäischer Wissenschaftskulturen im ersten Viertel des 20.
Jahrhunderts.