Die Zwischenkriegszeit ist als ideologische Gemengelage bezeichnet worden. Die Gebildeten jener
Zeit waren vom Prekären ihrer Situation so tief überzeugt dass sie vor keinem intellektuellen
Wagnis zurückschreckten. Das gilt auch für Walter Benjamin der keineswegs nur Beobachter war
sondern dezidiert Position bezog.Benjamins Beschäftigung mit der französischen Intelligenz
lehrt viel über die geistige Verfassung der unkonventionellsten und progressivsten Kreise der
Zwischenkriegszeit. Ihre Beschreibung verändert nachdrücklich das stereotype Bild das Benjamin
als einen linkspolitisch fest verankerten Intellektuellen stilisiert. In jenen Umbruchsjahren
interessiert er sich grundsätzlich für alle Denkexperimente die an der etablierten
gesellschaftlichen und politischen Ordnung rütteln - und thematisiert dabei Formen und
Möglichkeiten des Engagements.Viele der Autoren mit denen Benjamin sich befasst blieben
aufgrund ihrer Lebensweise gesellschaftliche Randfiguren: Sie sind Juden Homosexuelle oder
Konvertiten und verstehen sich als Außenseiter. Proust Jouhandeau Green und anderen hat diese
Rolle laut Benjamin die Fähigkeit verliehen etablierte Überzeugungen zu untergraben. Sie
werden zu kulturellen Unruheherden. Raulets Studie geht dabei insbesondere der Frage nach
inwiefern dieses Vermögen als kritischer Maßstab dienen kann um Benjamins ausgeprägtes
Interesse für rechte Denker die sogenannten Nonkonformisten der 1930er Jahre zu verstehen.
Das Urteil das er schließlich über die Mitglieder des Collège de Sociologie - Alexandre Kojève
Georges Bataille Roger Caillois - fällen wird lenkt den Blick auf die politischen Gefahren
der Denkexperimente der dreißiger Jahre und zugleich auf die ernüchternde Aussichtslosigkeit
seines eigenen »positiven Barbarentums«.