Das Schlagwort des vergangenen Jahres hieß overtourism: Überfüllung der Städte der Strände
der Traumdestinationen. Dann kam die große Stillstellung im Frühjahr 2020: Geschlossene Grenzen
gesperrte Flughäfen menschenleere Innenstädte. Mit der Rückkehr zur Normalität wird dann auch
wohl das Fernweh wiederkommen der große Aufbruch in die Ferien. Aber wohin? Reisen im 21.
Jahrhundert ist - nicht ganz freiwillig - eine postromantische Angelegenheit. Was haben die
fast eineinhalb Milliarden Menschen gefunden die sich 2019 auf die Suche nach der Schönheit
gemacht haben nach dem gelungenen Ferienerlebnis nach der Auszeit der großen
Wiedergutmachung des eigenen Lebens durch Reisen? Urlaub war in keiner der großen Sozialutopien
der letzten Jahrhunderte vorgesehen in Tommaso di Campanellas Sonnenstaat ebenso wenig wie im
kommunistischen Paradies oder in der vermeintlichen Auflösung aller Körper und Grenzen im
selbstverwalteten Digitalien der 1990er Jahre. Umsturz? Revolution? Alles uninteressant. Am
Beginn des 21. Jahrhunderts war der Urlaub die letzte große soziale Utopie das Territorium der
Freiheit drei Wochen im Jahr. Dummerweise hört diese Utopie gerade auf zu funktionieren. Es
ist voll und eng geworden im Paradies. Deswegen ist es - wie jedes Paradies - leider unlängst
endgültig geschlossen worden. Die Erfüllung der Träume hat zu viel Schmutz hinterlassen jede
Menge Überdruss und Müdigkeit. Dann kam Corona. Und irgendwann kehrt die Normalität zurück.
Grund genug für eine kleine Bilanz. Worum ging es beim touristischen Aufbruch in die Freiheit
eigentlich - und was lässt sich heute damit anfangen?