Rassismuskritik ist allgegenwärtig. Aber was geschieht wenn Vorwürfe systematisch überzogen
und alltägliche Banalitäten mit der gleichen Verve beanstandet werden wie rassistisch
motivierte Straftaten? Verliert dann nicht die Kritik ihre Wirkung und das Phänomen seine
Konturen? Levent Tezcan legt eine pointierte Polemik gegen eine aufgeregte Debatte vor die die
Gemüter in Dauerschleife erhitzt. Alles Rassismus geht der Frage nach warum rassische
Unterscheidungen auch jenseits von fremdenfeindlichen Diskursen Konjunktur haben. Die
medialisierte Rassismuskritik bietet sich derzeit als neue Großerzählung an in der sich
Subjekte als Marginalisierte gegenüber den Privilegierten in Stellung bringen und die Hautfarbe
zum neuen Referenzpunkt wird. Tezcan stellt den zunehmenden Gebrauch von rassischen
Unterscheidungen in den Zusammenhang der Affektökonomie westlicher Gesellschaften in der eine
Verschiebung von Stärke und Schwäche stattfindet. Gerecht sind nun die Vulnerablen denen zur
Sichtbarkeit verholfen werden soll nicht zuletzt durch die Forderung nach Migrantenquoten.
Gefördert wird aber tatsächlich so die provokante These des Buches vor allem das Ressentiment
- und zwar bei den Minderheiten wie bei der Mehrheit. Die eigentliche Gefahr für die
demokratisch verfassten Gesellschaften geht aber nicht vom »alltäglichen Rassismus« und seinen
Mikroaggressionen aus sondern von einer rassistischen Politik die in Europa wieder auf dem
Vormarsch ist.