Wie kaum ein anderes Thema gilt die mittelalterliche Inquisition im aktuellen öffentlichen
Diskurs als Ausdruck der brutal- menschenverachtenden Seiten der eigentlich zur Menschlichkeit
verpflichteten Kirche. Aber ist die Institution Inquisition tatsächlich Ausdruck einer Abirrung
vom Evangelium insofern Inbegriff christlich-kirchlicher Unglaubwürdigkeit? Oder war die
Inquisition vielmehr ein Fortschritt im Bereich des Strafrechts und ist somit als ein Werkzeug
im Dienste der Humanisierung zu begreifen? Dieser provokanten Frage widmet sich die Autorin
Christina Buschbell in ihrer Studie. Viel zu unbedacht wird der Begriff der Inquisition
gleichgesetzt mit dem der Hexenverfolgung und der damit verbundenen Verbrennung
hunderttausender vermeintlicher Hexen grausamen Folterungen und einer überdimensionalen
päpstlichen Macht so die These der Autorin. Gestützt durch zahlreiche Quellen zeigt sie dass
die Herausbildung des Inquisitionsverfahrens und die Ketzerbekämpfung zunächst unverbunden
nebeneinander standen. Welche Bedeutung kam dem Inquisitionsverfahren dabei ursprünglich zu
wie entstand die kirchliche Ketzerinquisition und inwieweit kam es in diesem Bereich
tatsächlich zu Missbräuchen? Diese Leitfragen werden in der Studie überzeugend und schlüssig
diskutiert und beantwortet. Um Motivationen und Lehren der ketzerischen Strömungen deutlich
werden zu lassen wird beispielhaft die Gruppierung der Katharer vorgestellt die eine
ausgeprägte dualistische und somit - in den Augen der Kirche - häretische Weltsicht vertritt.
Analysiert wird im Anschluss die Rollenverteilung zwischen Bischöfen Päpsten und dem
weltlichen Arm als es nach dem 20 Jahre andauernden Albigenserkreuzzug zu einer Änderung kommt
und die Inquisition im Prozess gegen Ketzer Anwendung findet. Fehlen darf im Anschluss nicht
der Blick auf die bedeutenden Inquisitoren Konrad von Marburg und Robert le Bougre sowie deren
Wirkungskreise. Nicht nur ist die von der Autorin gewählte Thematik als interdisziplinär
hoch-anspruchsvoll einzustufen überdies gelingt es ihr Brücken zu bauen zwischen Epochen und
Verständnishorizonten.