Zdenek Kalista (1900-1982) gehört zu den bedeutendsten tschechischen Historikern des 20.
Jahrhunderts. Er war der Schüler von Josef Pekar (1870-1937) der großen Gestalt der
tschechischen Historiographie der auch im deutschsprachigen Raum bekannt ist. In seinem Werk
konzentrierte er sich einerseits auf die Barockzeit an die er sich bemühte in
geistesgeschichtlicher Weise heranzugehen. Andererseits verfasste er zwei Studien die er
explizit dem Versuch widmete die Teildisziplin der Geistesgeschichte (auf Tschechisch duchové
dejiny) methodologisch zu untermauern. An diesen Texten arbeitete er bereits seit dem Ende der
30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die erste Übersetzung einer von diesen Studien mit dem Titel
Dejiny duchové wird in die deutsche Sprache als Anhang in dieser Arbeit veröffentlicht. Das
Thema dieser Monographie ist vor allem die grundlegenden Züge der Methodologie der
Geschichtswissenschaft bei Zdenek Kalista zu untersuchen wie er sie vor allem für sein Konzept
der Geistesgeschichte entworfen hat die er als spezifischen Wissenschaftszweig im Rahmen der
Geisteswissenschaften gründen wollte. Die Geistesgeschichte ist jedoch nichts was Kalista auf
der grünen Wiese gegründet hätte sondern vor ihm wurde ab dem Ende des 19. Jahrhunderts und in
den ersten Jahrzehnten in Deutschland eine gleichnamige Richtung betrieben. Kalista selbst
reflektierte seinen deutschen Vorgänger. Er wies allerdings darauf hin dass seine
Geistesgeschichte etwas anderes sein soll als es die deutsche Geistesgeschichte sein wollte
als sie sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts im deutschen Raum konstituierte.
Kalista warf der deutschen Geistesgeschichte vor dass sie keine ausreichend ausgearbeitete
Methode habe und dass ihr auch ein klarer Gegenstand fehle. Dass sie daher ihrem Anspruch sich
als selbst- und eigenständige Wissenschaft zu legitimieren nicht genügen konnte. Kalista
wollte diesen Mangel in seinem eigenen Konzept der dejiny duchové korrigieren und so die
Gründung der Geistesgeschichte als selbständige Wissenschaft ermöglichen. Auch Kalistas
Ausarbeitung der Methode der dejiny duchové bleibt nur umrisshaft. Dennoch stellt sein Versuch
zur Gründung einer Methodologie der dejiny duchové einen bestimmten Beitrag dar und zwar auch
für die eigentliche deutsche Geistesgeschichte. Obgleich nämlich Kalista seinen Abstand von der
traditionellen deutschen Geistesgeschichte deklarierte und annahm die neue Richtung der dejiny
duchové zu gründen fällt sein Versuch jedoch in die Linie der bereits früher betriebenen
deutschen Geistesgeschichte.