Ausgehend von den Ergebnissen und Methoden zweier unterschiedlicher Strömungen der
Raumreferenzforschung nimmt Tanja Giessler in der vorliegenden Studie das Verhältnis von
konzeptueller Raumstruktur und ihrem sprachlichen Ausdruck neu in den Blick. Wie wird der Raum
den wir mehrdimensional wahrnehmen im Medium Sprache das eindimensional organisiert ist
ausgedrückt? Welche Prinzipien liegen der Abbildung von Raum in Sprache zugrunde und wie
lassen sich diese Prinzipien beschreiben? Welche Raumkonzepte sind anzunehmen und auf welcher
Ebene sind sie anzusiedeln? Datengrundlage bildet ein Korpus von 1.410 sprachlichen
Lokalisationen die anhand von Minimalkonstellationen erhoben wurden wobei durch den Vergleich
von sprachlicher Lokalisation und räumlicher Konstellation auf einen Teil der zugrunde
liegenden Raumkonzepte geschlossen wird. Neben dem Aufbau der sprachlichen Ausdrücke betrachtet
Giessler vor allem die Zusammenhänge von sprachlicher Lokalisation mentalem Raumkonzept und
räumlicher Bedingung. Die Linearisierung von Rauminformation wird zunächst durch den Einsatz
unterschiedlicher Strategien geleistet deren Versprachlichung eindeutigen Regeln folgt: Wo
eine Strategie gewählt ist lässt sich die Wahl der Satzglieder und ihrer Referenzobjekte recht
genau voraussagen. Dies ermöglicht die Erstellung eines konzeptuell-sprachlichen Systems von
Strategietypen. Die Analyse der auf Raum referierenden Phrasen zeigt weiterhin dass einzelne
Wortarten vorrangig bestimmte Phrasenpositionen einnehmen und gleichzeitig nur bestimmte
Raumrichtungsinformationen ausdrücken. Von der Phrasenform kann so teilweise auf den
Phraseninhalt geschlossen werden. Die Form der Phrase fügt sich einerseits in den Aufbau der
gesamten sprachlichen Lokalisation ein und ist damit sprachsysteminternen Zusammenhängen
geschuldet. Da ihre Form andererseits und zwar im Gegensatz zur sprachlich formulierten
Strategie mit der Objektkonfiguration und in noch stärkerem Maße mit den Konzepten kongruiert
lässt sich die Phrase als Schnittstelle zweier interagierender Strukturebenen bestimmen. Diese
Resultate bilden die Grundlage einer Modellierung der Prozesse des De- und Enkodierens
sprachlicher Lokalisationen.