Theater in Afghanistan wie kann wie soll das funktionieren in diesem Land? In einem Land das
sich je nach Betrachtungsweise seit 10 Jahren seit 30 Jahren oder seit über hundert Jahren
seit dem ersten britisch-afghanischen Krieg 1839 mehr oder minder dauerhaft im Krieg befindet
in einem Krieg der auch als Krieg gegen die Vorstellungen und Kolonialansprüche der westlichen
Welt beschrieben werden könnte. Drei anglo-afghanische Kriege die formale Unabhängigkeit 1919
Königreich Republik Kommunismus Bürgerkrieg Drogenproduktion islamische Republik Osama
bin Laden mittlerweile sind Millionen von Toten zu beklagen Land und Bevölkerung sind
gezeichnet das Land liegt in vielerlei Hinsicht in Trümmern auch mit Blick auf die psychische
Befindlichkeit der Bevölkerung. Kann hier Theaterarbeit als friedensfördernde Maßnahme
eingesetzt werden? Funktionieren die Methoden des Theaters der Unterdrückten (TdU) in der
Tradition Augusto Boals auch in solchen Extremsituationen? Hjalmar Joffre-Eichhorn wagte den
Versuch und berichtet in diesem Buch von seinen Erfahrungen. Anfängliche Skepsis der
afghanischen Teilnehmer wich dabei erstaunlich rasch einer Haltung aufgeschlossener mitunter
sogar begeisterter Mitarbeit. Mit Methoden des TdU lassen sich Traumata aufarbeiten das TdU
stellt auch in Afghanistan valide und vor allem gangbare Methoden und Wege bereit wie eine von
schrecklichen persönlichen Ereignissen geprägte Bevölkerung sich mit den eigenen Erlebnissen
auseinandersetzt und sich Trost und Menschlichkeit in der Theaterarbeit erschließt um die
eigene ganz persönliche (Leidens-)Ge-schichte zu bewältigen. Joffre-Eichhorn schildert das
Leben eines Theatermachers der mit Hilfe partizipativer auf Emanzipation ausgerichteter
Theaterarbeit Menschen einen Raum gibt erfahrenes Leid körperlich seelisch und mental zu
artikulieren. Er beschreibt Workshops in denen sich geradezu greifbar Tränen in Energie
verwandeln. Wir lernen Menschen kennen die nicht aufhören wollen und können sich den Traumata
eines dauerhaften Kriegszustandes zu stellen und mit zivilen Mitteln an einem friedlichen
Afghanistan von unten arbeiten. Wir erfahren welche Besonderheiten gerade das TdU in seiner
unmittelbaren menschlichen Nähe zu bieten hat die andere Methoden nicht bieten können. Doch
Joffre-Eichhorn berichtet nicht nur von seinen afghanischen Erfahrungen mit Methoden des
Theaters der Unterdrückten sowie auch des Playback-Theaters und setzt sich mit diesen
kritisch-reflektierend auseinander sondern gibt auch nicht zuletzt durch die Einnahme überaus
ungewöhnlicher Perspektiven interessante und aufschlussreiche Einblicke in die internationale
Entwicklungszusammenarbeit vor Ort und deren Funktionieren oder eben Nicht-Funktionieren. Das
Buch wendet sich somit an Leser die an der Entwicklungsarbeit in Afghanistan und an dem Leid
der afghanischen Bevölkerung Anteil nehmen und bietet mit der Darstellung und Reflexion
vielfältiger Projektbeispiele aus dem Theater der Unterdrückten zugleich wertvolle Anregungen
für Theaterpraktiker.