Die Femme Fatale wurde lange als absichtlich handelnde und Unheil bringende Figur gelesen.
Diese Ansicht stellt Elena Kirchner in ihrer vorliegenden Studie in Frage indem sie
literarische Adaptationen der biblischen Geschichten von Judith und Salomé aus dem 19. und 20.
Jahrhundert speziell dem europäischen Fin de Siècle ¿ Oscar Wilde Jean Giraudoux Heinrich
Heine Maurice Maeterlinck Friedrich Hebbel und Gustave Flaubert ¿ untersucht. Mithilfe eines
auf der Machttheorie von Heinrich Popitz basierenden Analysemodells gelingt es Kirchner zu
zeigen dass die Femme Fatale nur selten als unverletzte Siegerin aus ihren Kämpfen hervorgeht
sondern vielmehr meist als Spielball in den Fängen mächtiger Herrscher auftritt ohnmächtig
ihrer eigenen Intention zu folgen oder erniedrigt durch innere wie äußere Zwänge. Autoren der
Moderne rücken die tragische Seite weiblicher Fatalität in den Mittelpunkt und erschaffen
komplexe Figuren die bei genauerem Hinsehen nichts vereint als der Tod ihrer männlichen
Antagonisten. Statt die weiblichen Protagonisten in erster Linie von außen (und aus rein
männlicher Perspektive) zu betrachten eröffnet Kirchner einen Blick in deren Innenleben ¿ und
macht deutlich dass auch das in der Literaturwissenschaft vorherrschende Konzept der Femme
Fatale einer Neuausrichtung bedarf.