Schota Rustaweli (12. Jahrhundert) ist der berühmteste Schriftsteller der 1500 Jahre alten
georgischen Literatur. Das Werk "Der Ritter im Tigerfell" wurde Königin Tamar gewidmet. "Recht
ist`s wenn Tamar zu Ehren Trän und Blut ich weih` im Sange..." Von Rustaweli ist lediglich ein
Werk überliefert obwohl er laut "Ritter im Tigerfell" weitere Werke verfasste: "...Von jeher
sang ich ihr Hymne." Rustawelis Epos ist ein Ritterroman in Versen das von drei männlichen
Freunden Tariel Avtandil und Pridon erzählt Angehörige unterschiedlicher Völker die mit Mut
Ausdauer und Einfühlungsvermögen viele Abenteuer absolvieren und denen Freundschaft Treue und
Liebe zu ihren Auserwählten zu einem ureigenem Bedürfnis geworden sind. Das Buch schöpft aus
dem georgisch-orientalischen Wissen des Autors und verallgemeinert das menschliche Denken und
die weitblickenden Verhaltensweisen der Menschen seiner Zeit und der Geschichte so dass nicht
selten auch von einer Renaissance-Dichtung gesprochen wird. Der Stellenwert des Rustawelischen
Werks in Georgien ist im Umgang der Georgier mit ihm ablesbar: als "zweite Bibel der Georgier"
wurde es zusammen mit der Bibel und einem Schachbrett den georgischen Frauen bei der Hochzeit
als Geschenk überreicht (so verblieb es über viele Generationen in der Familie) zur Anregung
zum entsprechenden Handeln und zur poetischen Erbauung. Es besteht aus über 1600 vierzeiligen
Strophen einer bestimmten Form: Die Verse setzen sich aus 16 Silben einer bestimmten Metrik
zusammen: dem Schairi. Die Strophen besitzen eine viermalige Reimung. Obwohl im 12. Jahrhundert
entstanden ist das Werk von den Georgiern mit Abstrichen relativ einfach zu lesen. Zum einen
hat sich die georgische Sprache seither nicht so rapide verändert wie andere Sprachen zum
anderen hat Rustaweli eine sehr volksnahe ungekünstelte Sprache bevorzugt die auch heute noch
anspricht. Das Werk des Schriftstellers wurde erst spät als Werk der Weltliteratur erkannt da
lange Zeit keine Übersetzung in europäische Sprachen existierte. So war es z. B. Goethe völlig
unbekannt. Erst 1884 wurde eine erste Übersetzung in Angriff genommen. Während der neunjährigen
"Hochzeitsreise" von Bertha von Suttner in Georgien verbrachte sie die letzten drei Monate mit
der Übersetzung von Rustawelis Werk. Obwohl sich ihr Mann Artur v. Suttner des Georgischen in
der Umgangssprache bemächtigt und Bertha Russisch gelernt hatte reichte die Kenntnis der
Sprachen jedoch nicht aus um die "Tigerhaut" wie Bertha v. Suttner dies Werk nannte zu
übersetzen. Diese Übertragung ist leider verloren gegangen. Es folgten die Übersetzungen von
Arthur Leist (1889) Hugo Huppert (1955) Ruth Neukomm (1974) Micheil Tsereteli (1975) und
Hermann Buddensieg (1976). Ausser der Huppertschen Übersetzung sind sie alle Nacherzählungen
bzw. Nachdichtungen in einer anderen dichterischen Form. Die hier vorliegende Übersetzung von
Marie Prittwitz entstand in den 1940er Jahren galt aber bis vor kurzem als verschollen und
wird somit in Deutschland erstmals veröffentlicht. Die Nachdichterin gibt die Schairi-Form des
georgischen Originals im Deutschen getreu wieder. Über die Übersetzerin war bisher kaum etwas
bekannt. Im Vorwort werden die Geschichte der Wiederentdeckung der deutschen Übersetzung sowie
die biografische Daten der Übersetzerin Marie Prittwitz dargeboten.