Die Transformation des Energiesystems hin zu mehr erneuerbaren Energien stellt insbesondere die
Verteilungsnetzebene des elektrischen Energieversorgungsnetzes vor neue Herausforderungen. Die
bisher typischen Leistungsflüsse im Mittel- und Niederspannungsnetz sind gekennzeichnet durch
eine zentralisierte unidirektionale Energieverteilung. Die zukünftigen Anforderungen an die
Niederspannungsnetze die bereits heute wahrnehmbar sind ergeben sich durch eine ständig
wachsende Durchdringung dieser Netze mit dezentralen Energieerzeugungsanlagen aber auch durch
die zunehmende Anzahl von Verbrauchern mit hohem Leistungsbedarf wie z.B. Wärmepumpen und
Elektrofahrzeugen. Die heutigen Niederspannungsnetze sind für diese Anforderungen nicht
ausgelegt worden. Zur Vermeidung des kostenintensiven Ausbaus der Netzkapazität wird heute
zunehmend die Ausstattung der Netze mit geeigneter Automatisierungstechnik und damit der Ausbau
zu intelligenten Netzen (Smart Grids) favorisiert. Im Zuge dieser Entwicklung gewinnt die
Kenntnis über den aktuellen Netzzustand erheblich an Bedeutung. Im heutigen passiven
Niederspannungsnetz wird der Netzzustand allerdings nicht überwacht. Die vorliegende Arbeit
stellt neue Verfahren zur dezentralen Echtzeit-Zustandsüberwachung für intelligente
Niederspannungsnetze vor. Die besondere Herausforderung dieser Verfahren liegt in der
Bewältigung der systemimmanenten Unterbestimmtheit des Netzgleichungssystems da die
Messtopologie im Niederspannungsnetz aus wirtschaftlichen Erwägungen in aller Regel spärlich
ist. Die Funktionsfähigkeit der im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelten Verfahren wurde
zunächst simulatorisch validiert. Anschließend wurden die Verfahren in die Firmware eines
geeigneten Kleinfernwirksystems implementiert und in der Praxis erprobt. Damit wurde eine
solide Entscheidungsgrundlage für nachgelagerte Regelungsalgorithmen die die Leistungsflüsse
in kritischen Netzsituationen minimalinvasiv beeinflussen bereitgestellt.