Nadeschda Mandelstam blickt auf Jahrzehnte zurück von denen ihr Mann der große Lyriker Ossip
Mandelstam in einem seiner Gedichte als Jahrhundert der Wölfe spricht. Ihr Erinnerungsbuch -
erstmals neu und vollständig übersetzt - ist eine nachgetragene Liebesgeschichte und das
eindringliche Porträt einer Epoche in der 1938 ihr Mann in den Lagern verschwand und umkam.
Als Nadeschda Mandelstams Erinnerungsbuch 1970 in einem russischen Verlag in den USA erschien
und fast zeitgleich in englischer französischer und deutscher Übersetzung veröffentlicht wurde
kam das einer Sensation gleich. Mit der Publikation des aus der Sowjetunion ins westliche
Ausland geschmuggelten Manuskripts begann die Wiederentdeckung von Ossip Mandelstam. Nadeschda
Mandelstams autobiographische Prosa gehört zu den Höhepunkten der russischen Literatur des 20.
Jahrhunderts. Anders als Wassili Grossman oder Alexander Solschenizyn die ihre Berichte aus
den Abgründen der Sowjetunion im Hinblick auf eine Publikation dort verfassten schrieb die
Dichterwitwe ihre Erinnerungen für sich selbst und spätere Generationen ohne die Möglichkeit
einer Veröffentlichung auch nur in Erwägung zu ziehen. Das Erbe ihres Mannes sein lyrisches
Werk bewahrte Nadeschda Mandelstam lange Jahre nur im Gedächtnis ehe sie es Freunden
diktieren konnte. Ihre Erinnerungen erschienen in Russland erst 1986 - während der Perestroika.
In ihrem Memoirenwerk erzählt Nadeschda Mandelstam mit mutiger Offenheit und in unzähligen
Geschichten aus dem alltäglichen Leben jener Jahre: von Freunden die Verrat üben von
Pasternak von Stalin und vielen anderen - die Wahrheit über diese gewaltsame Epoche ist wohl
nie wieder so berührend geschildert worden. Mit Ursula Kellers Neuübersetzung des ersten Bandes
von Nadeschda Mandelstams Autobiographie wird eine den heutigen Ansprüchen genügende Fassung
vorgelegt die auf willkürliche Kürzungen und stilistische Glättungen verzichtet. In
umfangreichen Kommentaren werden die zeithistorischen Ereignisse erläutert auf die Mandelstam
in ihrem Text Bezug nimmt.