"Lesen Sie dieses Buch wenn Sie Mut dazu haben." - Thomas Mann zur Ersterscheinung vor 100
Jahren. Es war der von seiner Begegnung mit dem bereits im Pariser Exil lebenden Iwan
Schmeljow erschütterte Thomas Mann der 1926 die Lektüre von Die Sonne der Toten (so der
Titel deutschen Erstübersetzung) dringlich empfahl: Iwan Schmeljows Hauptwerk eine epische
Dichtung wurde nach dem Erscheinen 1923 denn auch sogleich in ein Dutzend europäischer
Sprachen übersetzt und von Thomas Mann für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde. Der Roman
erzählt vom mörderischen Wüten der Bolschewiki im Bürgerkrieg auf der Krim zu Beginn der
Zwanzigerjahre. Iwan Schmeljow war in Moskau aufgewachsen die Krim wo er von 1918 bis
1922 mit seiner Frau in Aluscha lebte sein Flucht- und Sehnsuchtsort war seine Heimat. Berge
Meer und gleißende Sonne ein friedliches Vielvölkeridyll vernichtet durch die Bolschewiki
die auch Schmeljows einzigen Sohn Sergej hier erschossen. Der Toten Sonne ist zum
literarischen Zeugnis eines Autors geworden der sich "von Europa" im Stich gelassen fühlte
ein Requiem auf die Opfer des damaligen Terrors und dabei nach fast hundert Jahren ein
einzigartiges Buch: Die schmerzvolle Sprache des Ich-Erzählers verströmt eine ungeheure
Einsamkeit und Verlassenheit ihre poetische Kargheit entfaltet einen Sog dem wir uns auch
heute - vielmehr gerade heute - nicht entziehen können. "Irgendwo scheint sicher die Sonne
aber das ist nicht unsere Sonne". Die Krim ist für Iwan Schmeljow nicht länger Paradies
sondern apokalyptisch anmutende Natur statt Fülle regieren Hunger und Elend Rechtlosigkeit
Folter und Erschießungen. "Sie kommen nachts" die mit dem roten Stern an der Mütze sie
verschleppen morden und rauben. Der Toten Sonn e setzt elegisch ein der Ich-Erzähler
tastet mit seinem Blick die verheerte Natur ab das Leid der verbliebenen Tiere porträtiert
die Nachbarn führt Zwiesprache mit sich selbst verarbeitet die Veränderungen. In der vormals
blühenden Landschaft beschreibt er leise und behutsam die Verrohung aller menschlichen
Verhältnisse wenn alle Rechtsstaatlichkeit verfällt und. Durch die Sparsamkeit seiner
Sprache durch seine originelle Erzählkunst wirkt Iwan Schmeljows Klage nur umso lauter umso
kraftvoller. Ein russischer Literaturkritiker jener Tage resümierte: "Er erzählt nur Tag
für Tag Schritt für Schritt in einer Epopöe von seinem kleinbürgerlichen Leben auf der Krim in
dem Hungerjahr unter dem bolschewistischen Joch". Käthe Rosenberg eine Cousine von Thomas
Manns Ehefrau Katja übersetzte Iwan Schmeljow ins Deutsche (erschienen 1925 bei S. Fischer in
Berlin) - aber diese Übersetzung vermittelte nur einen ungefähren Eindruck von der Kraft und
Poesie des Originals. Schmeljows unverwechselbare Erzählerstimme legt nun die Neuübersetzung
von Christiane Pöhlmann frei.