Kundeyt Surdum - eine der wohl wertvollsten und gleichsam frühesten Stimmen der
interkulturellen deutsch-türkischen Literatur - prägte mit seiner Lyrik das Literaturbild
Vorarlbergs nachhaltig. Als Kunstschaffender wurde er zur Vorzeigefigur grenzüberschreitender
Agitation zu einem Autor der Migration und Mehrsprachigkeit. Gleichwohl sind die zu Lebzeiten
publizierten Gedichtbände des 2016 verstorbenen Autors heute nicht mehr greifbar. Diesen
Umstand nahmen das vorarlberg museum und das Franz-Michael-Felder-Archiv der Vorarlberger
Landesbibliothek zum Anlass das Werk und den Nachlass von Kundeyt Surdum aufzuarbeiten. Die
Ergebnisse der mehrjährigen Forschungsarbeit fließen in die Dauerausstellung »buchstäblich
vorarlberg« des vorarlberg museums ein und bilden die Grundlage für die vorliegende Werkausgabe
die sämtliche Gedichte Hörspiele Reden und Prosatexte von Surdum erstmalig gesammelt
zugänglich macht.»Seine Gedichte haben einen selten gehörten Ton« schreibt Michael Köhlmeier
im Vorwort zu Surdums erstem Gedichtband Unter einem geliehenen Himmel (1988). Er verweist
damit in erster Linie auf ein poetologisches Register das getragen wird von einem Pathos im
eigentlichen Sinne denn keines seiner Gedichte ist pathetisch. Vielmehr blinzelt aus Surdums
Versen eine Stimme der Ergriffenheit hervor eine Empfindsamkeit die die Leserschaft
nachdenklich zurücklässt. Scheinbar unscheinbare Alltagssituationen führen dem Rezipienten
mehrdimensionale Welten vor Augen. Die Texte beschwören Vertrautes und Befremdliches zugleich
faszinieren und irritieren in ihrer Selbstverständlichkeit gleichermaßen. Denn der von
Köhlmeier angesprochene Ton - gepaart mit einer teils orientalisch anmutenden Bilderwelt -
lässt Empfindsamkeit und Bedrohung Privates und Politisches mit- und ineinander existieren.
Dabei sind es neben den zeitlosen und charakteristischen lyrischen Themen wie Liebe
Vergänglichkeit Natur und das Nachdenken über Dichtung selbst insbesondere Inszenierungen des
Dazwischen eines »Dritten Raumes« der Erfahrungen von 'Eigenem' und 'Fremden' der
Brüchigkeit des Seins zwischen den Kulturen Gesellschaften und Sprachen kurzum: die hybriden
Schwellenräume die die Verse Surdums auszeichnen. Hinzu treten häufige Reflexionen über die
Sprache selbst - der Dichter schreibt schließlich nicht in seiner Muttersprache - sowie
gesellschaftskritische Untertöne.