'So schnell gehen die Tage zu Ende dass man vollständig vergessen könnte wofür es sich lohnt
müde zu werden.' Folgt man den vielfältigen Figuren von Andrea Winklers Erzählungen dann
begibt man sich auf Reisen die den Blick freimachen für Beobachtungen und Einsichten von
grundlegender Bedeutsamkeit. Es sind dabei gerade nicht die lauten Geschehnisse des ringsum
rauschenden Alltags denen ihre Aufmerksamkeit gilt sondern vermeintlich periphere Momente:
Lesend folgen wir Stimmen die aus dem Trott ihrer Tage ausbrechen und mit unbestechlicher
Klarheit auf die Welt blicken. So kann eine Straßenbahnfahrt ebenso wie ein Spaziergang zum
Ausgangspunkt eines Gesprächs werden das die relevanten Fragen von den vorschnellen Antworten
zu sondern unternimmt. Denn bei aller Leichtigkeit die diese Texte durchzieht liegen ihnen
stets existenzielle Erfahrungen wie Trauer Einsamkeit Hoffnung und das Bemühen um eine
Selbstverortung in dieser Welt zugrunde. Und um sich über Zusammenhänge dieser Tragweite
verständigen zu können um 'aus der Stille heben zu können was diese durchdringt' bietet die
Literatur einen schier endlosen Wissensvorrat auf den Andrea Winklers Prosa so kenntnisreich
wie spielerisch zurückzugreifen versteht.Formell gliedert sich Mitten im Tag in zwei
Abschnitte wobei der erste Teil elf Erzählungen bündelt der zweite Teil zehn erzählende
Essays versammelt die ihren Ausgangspunkt oft an genauen Sprachbeobachtungen und literarischen
Gewährstexten nehmen. Während die Texte vordergründig nicht verbunden scheinen verhandeln sie
allesamt verwandte Themen und sind wie durch ein unsichtbares Wurzelwerk verbunden. Die
Leitfrage aller Texte könnte lauten: Welche Bestandteile unseres täglichen Lebens sind für uns
bei genauer Beobachtung und gewissenhafter Befragung unverzichtbar und sinnstiftend? Dies zu
erwägen und aus unzähligen Richtungen in den Blick zu nehmen mit sprachlichem Witz schlichter
Schönheit und großer Präzision lädt Mitten im Tag ein.