Ärzt:innen haben seit jeher die Aufgabe Krankheiten zu erkennen und Leiden zu lindern. Doch
das Selbstverständnis der NS-Ärzt:innen war ein grundlegend anderes. In einem Staat dessen
Ideologie durch den Sozialdarwinismus theoretisch fundiert wurde und dessen Legitimation sich
auf die Optimierung der Erbanlagen des Herrenmenschen stützte galt es zwischen »lebenswert«
und »lebensunwert« zu differenzieren. Für die Mordaktionen an behinderten Menschen verwendeten
die NS-Ärzt:innen den Begriff »Euthanasie« ein Wort das ursprünglich aus dem Griechischen
stammt und »schöner Tod« bedeutet. Der euphemistisch verwendete Begriff Euthanasie verstellt
den Blick auf die wahren Ursachen des Massenmordens. Am Beispiel der Wiener Anstalt Am
Spiegelgrund wird gezeigt dass bei der »Kindereuthanasie« nicht wahllose Vernichtung im
Vordergrund stand sondern sorgfältige Beobachtung und Begutachtung Selektion und Tötung waren
Bestandteile des medizinischen Systems. Die Intelligenzdiagnostik stellte ein willkommenes
Selektionsinstrument dar. Das grausame Schicksal medizinisch gesunder aber in sozialer Not
geborener Kinder lässt sich an zahlreichen Krankengeschichten rekonstruieren.