Der berufliche Werdegang von Lisbeth Sachs (1914-2002) begann mit einem Paukenschlag: Frisch
diplomiert gewann sie 1939 den Wettbewerb für das Kurtheater in Baden. Mit dem 1951 52
realisierten Debütbau formulierte sie ihr architektonisches Manifest und erfuhr zugleich was
es hiess sich als eine der ersten selbständigen Architektinnen der Schweiz in einem männlich
dominierten Metier zu behaupten. Für ihre oftmals unkonventionellen Überzeugungen trat sie
immer wieder auch publizistisch ein. Unter Bauen verstand Sachs einen prozesshaften
anschaulichen Vorgang der von der handwerklich fundierten Konstruktion über die
Materialgerechtigkeit bis zur Aneignung der Räume durch die Menschen reicht. Sie sah ein Haus
als Werkstatt für das Leben Ort der Kreativität und des sozialen Austauschs. Entsprechend
gezielt sammelte sie unterschiedlichste Erfahrungen - in einer Zimmerei bei Alvar Aalto oder
im Atelier von Frank Lloyd Wright. Ähnlich wie Frei Otto dessen Arbeiten sie in der Schweiz
bekannt machte vertrat sie die Auffassung dass Forschung und Experiment in der Architektur
unverzichtbar sind. Mit einem interdisziplinären universellen Ansatz suchte sie nach einer
Synthese von organischem Bauen und spektakulärer Konstruktion nach einer Architektur des
Schwebens und der Entmaterialisierung die gleichsam aus der Topografie herauswächst und
umwelt- und sozialverträglichen Prinzipien folgt. Lisbeth Sachs' fachübergreifendes Verständnis
von Architektur als angewandte Ökologie ist aktueller denn je. Das Buch von Rahel Hartmann
Schweizer bereitet dieser streitbaren Vertreterin einer Nachkriegsarchitektur zwischen
Tradition und Utopie erstmals eine Bühne.