Wie könnte es sein dass man in der deutschsprachigen Exilpresselandschaft in Shanghai im
Zeitraum von 1939 bis 1949 nur die von den jüdischen Flüchtlingen selbst verfassten
Zeitungsberichte und -artikel wahrgenommen hätte? Die vorliegende Anthologie zeigt
eindrucksvoll dass die jüdischen Emigranten damals keineswegs auf der Shanghai-Insel isoliert
blieben sondern stets in enger Verbindung mit der Außenwelt standen. Dementsprechend bietet
diese Textsammlung nicht nur einen Einblick in die mannigfaltigen rezipierten nachgedruckten
Literaturen sowohl der einflussreichen Exilschriftsteller wie z.B. Bruno Frank Sigmund Freud
Franz Werfel Arnold Zweig Stefan Zweig und der Familie Mann sondern auch renommierter
Autoren aus China Frankreich Italien Norwegen Russland und anderen Ländern wie etwa Mao Dun
Sigrid Undset Guy de Maupassant und Anton Tschechow. Daneben kommen auch unbekannte (sogar
anonyme) kleine Leute die uns Tatsachenberichte sowie rührende Briefe hinterließen zu Wort.
Die rezipierten Literaturwerke sind stilistisch vielfältig und enthalten je nach Gattung
Biographien Briefe Erzählungen Märchen Nachrufe Novellen Prosatexte Reden Reminiszenzen
Romane (in Auszügen oder gelegentlich als Fortsetzungsroman) Rundfunkvorträge Spezialberichte
u.a. Nachgedruckt sind in der jüdischen Exilpresselandschaft anhand der vorhandenen
Zeitungsmaterialien insgesamt nur 14 Fortsetzungsromane die wegen des großen Umfangs nicht in
diesen Band aufgenommen wurden sondern im Anhang tabellarisch aufgeführt werden. Es ist dabei
unstrittig dass die Aufnahme von Autoren und Literaturen in die zeitgenössische Exilpresse
keineswegs nach Gutdünken gemacht wurde. Die rezipierten Werke standen alle mehr oder weniger
in Übereinstimmung mit den Anliegen Exilerfahrungen Erwartungen dem seelischen Verlust und
den sozialen Problemen der jüdischen Emigranten in Shanghai. Die deutschsprachigen jüdischen
Exilperiodika in Shanghai gelten gegenwärtig als wertvolle historische Materialien die uns
Lesern die Gefühlswelt und die geistige Haltung der Schriftstellerinnen und Schriftsteller
während und nach dem Zweiten Weltkrieg etwas näherbringen können. Dementsprechend sind
insgesamt 96 literarische Zeugnisse in diesem Band gesammelt und in fünf Themen eingeteilt:
Anti-Hitler und Anti-Krieg Suche nach jüdischer Identität Ost und West ein Gegensatz?
Erinnerung an die prägenden Persönlichkeiten und Soziales.