Von einstmals hunderttausenden Palisadenpfählen des römischen Limes sind nur wenige Exemplare
freigelegt oder ihre Spuren ausgegraben worden. Bis heute üben die erhaltenen Reste dieser
durchgehenden hölzernen Barriere eine große Faszination aus. In diesem Band wird die
Dokumentation von Ausgrabungen der Reichs-Limeskommission durch Wilhelm Kohl in Mittelfranken
(1894-1897) erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht ergänzt durch aktuelle
Untersuchungen auch aus anderen Bundesländern. Das gern einheitlich imaginierte Aussehen einer
präzise gebauten Holzreihe verliert dabei an Schlüssigkeit und weicht dem einer wenig
disziplinierten Ausführung die nur im genauen Blick auf die Ausgrabungsdetails zu erkennen
ist.Aus der Einleitung:... In den zuletzt zahlreich erschienenen zusammenfassenden
Abhandlungen über die römische Reichsgrenze in Obergermanien und Raetien wird eine einheitliche
Palisade postuliert.Sollte diese über die gesamte Landstrecke vorhanden gewesen sein wäre
durch das römische Militär ein hölzernes Annäherungshindernis mit uniformem Erscheinungsbild
über eine Länge von ungefähr 500 km errichtet worden. Dieses Bild hat seinen Ursprung in den
zeichnerischen Rekonstruktionen seit der Jahrhundertwende und den zahlreichen Neubauten.Der
archäologische Befund ist nicht in diesem Maße vorhanden und interpretierbar. Schon die enorme
Ausdehnung der Holzstammreihe und das ihr zugeschriebene gleichförmige Aussehen sollte ein
Hinterfragen der tatsächlichen Quellenlage zur Folge haben. Jüngst hat Thomas Becker die
wichtige Frage nach dem imaginären normierten Aussehen unserer gängigen Limesrekonstruktionen
gestellt und dabei zahlreiche Beispiele für vielfältige regionale und lokale Bauausführungen
zusammengestellt die ein einheitliches Aussehen sehr unwahrscheinlich machen2. Das Diktum
Arthur Bergers trifft somit in vollem Umfang auf die Palisade des Obergermanisch-Raetischen
Limes (ORL) zu ...