Das Racket wurde von Max Horkheimer weder als neutrale Strukturkategorie noch als
soziologischer Idealtypus begriffen sondern als dialektisch-anthropologische »Grundform der
Herrschaft«. Zunächst als Kritik des Nationalsozialismus intendiert sollte sie zugleich die
verschiedene Gesellschaften übergreifenden Tendenzen identifizieren die mit der »steigenden
organischen Zusammensetzung des Kapitals« (Marx) wirksam werden und zwar in politisch höchst
unterschiedlichen Formen. Gemein ist den Rackets die Zerstörung und Unterdrückung all jener
gesellschaftlichen Vermittlungsinstanzen die die selbstdestruktive Dynamik des Kapitals in
einem gewissen Maße einhegen und damit auch dem aus dieser Dynamik entspringenden
antisemitischen Wahn bestimmte Schranken setzen könnten. Indem die Racket-Theorie den Verlust
des Scheins der Autonomie des Rechts reflektiert der sich mit dem Funktionswandel des Rechts
in den bürgerlichen Gesellschaften wie mit der Abschaffung des Rechts im Nationalsozialismus
vollzog markiert sie den der nachliberalen Phase der kapitalförmigen Vergesellschaftung
angemessenen Begriff des Politischen.Die Racket-Theorie sollte ein »Dokument unabhängiger
Theorie unserer Zeit« werden und auf Initiative von Max Horkheimer in Form einer umfassenden
Kollektivarbeit von allen Mitarbeitern des einstigen Frankfurter Instituts für Sozialforschung
im US-amerikanischen Exil ausgearbeitet werden. Letztlich jedoch ist die Rackettheorie ein
Fragment geblieben. Die vorliegende Arbeit stellt die Entstehungsgeschichte jener theoretischen
Grundrisse dar und zeichnet sie als in intensiver Auseinandersetzung mit der Marxschen Kritik
der politischen Ökonomie entwickelte Kritik der Gewalt aus. Sie thematisiert den Zusammenhang
und die Differenz von Souveränität und prekärer Einheit die die miteinander rivalisierenden
Rackets allenfalls zu bilden imstande sind sowie die zentrale Bedeutung die der
Antisemitismus dabei hat.Auch nach dem Sieg der Alliierten über den Nationalsozialismus scheint
die Relevanz der Rackettheorie für eine Kritik der spätkapitalistischen Totalität unabgegolten:
Gesellschafts- und Staatszerfall äußern sich in verschiedenen Formen nicht allein in
Bandenherrschaft und failed states wie Somalia so etwa im russischen Racket-Staat und der mit
ihm verbundenen multipolaren Ordnung in der Destabilisierung ganzer Länder und Regionen wie im
Nahen Osten unter dem führenden Einfluss des Iran. Nicht zuletzt im Fortbestand der
antisemitischen Vernichtungsdrohung und im globalen Hass auf Israel kulminiert daher die
traurige Aktualität der Racket-Theorie.