Das vorherrschende Bild von Edvard Benes dem langjährigen Außenminister und zweiten
Präsidenten der Tschechoslowakischen Republik ist ein düsteres. Er gilt zuweilen als
engstirniger Nationalist unzeitgemäß manchmal gar als Plagiator Adolf Hitlers. Ein solches
Bild kann dann entzerrt und gewissermaßen versachlicht werden wenn Beness Kritik an deutscher
Ideologie zur Darstellung gebracht wird. Das vorliegende Buch das sich auch auf bislang
unveröffentlichte tschechische Quellen stützt leistet hierzu einen Beitrag.Benes vertrat einen
westlichen Staatsbegriff der sich am Individuum orientierte und hielt auch dann noch an diesem
fest - und war nur insofern unzeitgemäß - als die Idee einer Moderne die auf dem Gedanken
beruht eine wie auch immer vernünftig gestaltbare Welt einzurichten durch autoritäre und
völkische Bewegungen ins Wanken geriet.Beness Kritik am völkischen Pangermanismus ermöglichte
es ihm die Destruktivkräfte des deutschen Nationalsozialismus schon früh zu erkennen und auch
zu sehen wie sich dieser von anderen autoritären Herrschaftsformen wie den italienischen
Faschismus im Staatsverständnis unterscheidet. Diese Einsichten gewann Benes im Kampf mit
diesen Systemen.Schließlich kommt er obgleich nicht nur Theoretiker sondern auch Politiker
zu ganz ähnlichen Einschätzungen über den Nationalsozialismus und Faschismus wie Franz Neumann
und Hannah Arendt.Aufgrund seiner Einschätzung des Nationalsozialismus als völkische
Massenbewegung verabschiedete sich Benes auch von besonders im deutschen Exil verbreiteten
Vorstellungen dass in Großdeutschland geknechtete Massen nur auf eine gute Gelegenheit
warteten um sich vom Joch der Partei zu befreien. Selbst in weiten Teilen des
sudentendeutschen Exils waren völkische Vorstellungen verbreitet was Benes vehement
kritisierte.Doch schließlich wird auch die Grenze der Einschätzungen Beness ausgelotet hat er
bei aller theoretischen und praktischen Ablehnung des Antisemitismus keinen Begriff desselben
entwickelt.