Aus Anlass des Gedenkens an die Veröffentlichung von Jakob Böhmes aufsehenerregendem
Erstlingswerk Aurora oder Morgenröte im Aufgang im Jahre 1612 fand in Herrnhut vom 15. bis 16.
November 2012 eine Tagung statt deren Referate mit dieser zweiten Veröffentlichung der
Akademie Herrnhut dokumentiert werden.Die drei ersten Beiträge von Dieter Liebig beziehen sich
ganz auf die Schrift Aurora zu der er für diese Tagung bereits einen Kommentarband
veroffentlicht hat. Die folgenden drei Beiträge befassen sich mit dem weiteren Umfeld von Böhme
in Schlesien und seiner Wirkung über Schlesien hinaus bis heute nicht nur in Deutschland
sondern auch im europäischen und amerikanischen Geistesleben. Die drei letzten Beiträge
behandeln die Überlieferung der Böhme-Manuskripte und ihren heutigen Lagerort. Dass es sich
hierbei um eine aufregende verwickelte und unübersichtliche Geschichte handelt ergibt sich
schon aus der Tatsache dass dazu gleich drei Aufsätze verfasst wurden. Darin geht es auch um
Böhmes Erstlingswerk denn dass diese Schrift die im 20. Jahrhundert in dem Haus der
Böhmefreunde in Linz am Rhein aufbewahrt wurde über die Zerstörungen und Bombenangriffe
wahrend des Zweiten Weltkriegs hinaus erhalten blieb war durchaus keine
Selbstverständlichkeit. Es war ebenso wider alle Befürchtungen dass die Gestapo bei ihrer
Aufspürung der Böhmekreise und Sicherstellung der gefundenen Schriften und Drucke im Jahre 1941
diese Materialien nicht umstandslos vernichtete sondern sogar bereit war diese zur
Sicherheitsverwahrung in die Außenlager der Görlitzer Bibliothek abzugeben von wo sie nach
1945 in die Oberlausitzer Bibliothek und schließlich in die Universitätsbibliothek Breslau
gelangten.Die hier abgedruckten Beiträge wollen das Werk von Böhme würdigen und damit zugleich
einen Anstoß zur weiteren Beschäftigung geben. Darum wurde vor allem Wert darauf gelegt zu
zeigen wo das Material von Jakob Böhme und seiner Anhänger heute verborgen liegt und wo junge
Wissenschaftler die Quellen fur die weitere Erforschung finden. Es wäre sicher lohnend einmal
eine weitere Tagung uber die Wirkungsgeschichte Böhmes anhand der Überlieferung der
Engelsbrüder zu planen und es sei hier nur darauf hingewiesen dass die Geschichte dieser
Böhme-Anhänger in Europa noch längst nicht ausreichend erforscht ist. Nachdem sich jüngst ein
neuer Fund von Schriften der Böhmefreunde in Zürich gefunden hat (s. dazu J. Jürgen Seidel:
Gichtelianer im Zürcher Oberland. In: PuN 2003) mag es durchaus sein dass noch längst nicht
alles in die einschlägigen Archive gelangt ist. Doch auch das was in den Bibliotheken und
Archiven liegt ist einmal abgesehen von Jakob Böhme selbst weitgehend unbeachtet. Auch wenn
die Nachfolger Böhmes an Bedeutung nicht mit ihrem Vorbild konkurrieren können so lohnt sich
doch die Aufarbeitung dieser stillen aber über ganz Europa verbreiteten Kreise die ihre
eigene überkonfessionelle theosophische Frömmigkeit in kleinen Zirkeln gepflegt haben weil sie
uns einen besonderen Blickwinkel auf die Frömmigkeits- und Geistesgeschichte Europas erlauben.