Unternehmen in Hochlohnländern stehen heute vor der Herausforderung hochdifferenzierte Produkte
zu weltmarktfähigen Preisen anbieten zu müssen. Die Gewinner dieses Wettbewerbs sind diejenigen
Unternehmen die das Dilemma zwischen Economies of Scale und Economies of Scope bestmöglich
auflösen. Ein in diesem Zusammenhang von vielen Unternehmen erfolgreich eingesetzter Ansatz
besteht in der Gestaltung von Produktbaukästen die es ermöglichen eine hohe Vielfalt nahezu
individueller Produkte mit einer vergleichsweise geringen Komponenten- und Baugruppenvielfalt
zu realisieren. Die proaktive Gestaltung dieser Baukastensysteme führt jedoch zu einer erhöhten
Komplexität in den Entwicklungsprozessen im Vergleich zur Einzelproduktentwicklung -
beispielsweise aufgrund der zu berücksichtigenden Anforderungsvielfalt der auf dem Baukasten
basierenden Produkte. Da bestehende Methoden und Vorgehensmodelle diesem Komplexitätsanstieg
nur unzureichend Rechnung tragen gestalten viele Unternehmen ihre Baukastensysteme intuitiv
reaktiv und nur wenig systematisch was dazu führt dass Potenziale für Skaleneffekte teilweise
unerschlossen bleiben. Dieses Defizit wird vom Autor der vorliegenden Arbeit adressiert indem
die Gestaltung des Sachsystems (bzw. des Baukastensystems) und des Handlungssystems (bzw. der
Produktentwicklungsorganisation) integriert betrachtet wird. Hierfür wird zunächst ein
generisches Beschreibungsmodell für Baukastensysteme erarbeitet auf dessen Basis
Komplexitätstreiber abgeleitet werden die sich aus der Struktur des Baukastensystems für die
Entwicklungsorganisation ergeben. Zur Beherrschung dieser Komplexität entwickelt der Autor ein
ganzheitliches Gestaltungsmodell. Dieses umfasst zum einen die Systematisierung der
Gestaltungsaktivitäten in Bezug auf die Baukastenstrukturgestaltung sowie die Koordination der
Modul- und Produktentwicklungsprojekte. Zum anderen wird die Verankerung dieser Aktivitäten in
der Aufbau- und Ablauforganisation der Produktentwicklung und im Problem- und
Verhandlungsverhalten der involvierten Mitarbeiter beleuchtet. Das entwickelte Modell wird
anhand verschiedener Praxisbeispiele veranschaulicht und dient so als praxisorientierter
Ordnungsrahmen für die systematische Gestaltung von Produktbaukästen in produzierenden
Unternehmen.