Warum packten Menschen seit Ende des 19. Jahrhunderts Dinge in Zeitkapseln? Warum verstauten
sie Briefe Fotos Bücher und vieles mehr in hermetisch verschlossenen Behältern die zu einem
bestimmten Zeitpunkt in ferner Zukunft wieder geöffnet werden sollten? Die Antwort dieses
Buches lautet: Weil sie auf eine bestimmte Weise über Geschichte nachdachten. Anna Sophia
Nübling zeigt in dieser ersten deutschsprachigen historischen Analyse des Phänomens von seinem
Aufkommen im späten 19. Jahrhundert bis in die 1970er Jahre wie mit Zeitkapseln
geschichtsphilosophische Fragen nach dem Ziel dem Sinn und möglichen Entwicklungsgesetzen der
Geschichte verhandelt wurden. Anhand von Beispielen aus den USA und anderen Weltregionen wird
herausgearbeitet dass sich in Zeitkapseln in paradoxer Weise ein fester Fortschrittsglaube mit
einem dringenden Bewahrungsbedürfnis verband. In der Auseinandersetzung mit dieser materiellen
Manifestation eines hochmodernen Geschichtsdenkens wird deutlich wie sehr dieses Denken
zugleich von positivistischen Entwicklungsmodellen und Untergangsängsten geprägt war - ein
Spannungsverhältnis das angesichts aktueller Zukunftsfragen nach wie vor relevant ist.