Die Sonne geht wie über Gerechte und Ungerechte auch über Tod und Leben auf.Ernst JüngerKlaus
HurtzSeit bald zwanzig Jahren schmückt die Franziskuskirche in Mönchengladbach-Rheydt ein 33
Meter langer Totentanz von Markus Lüpertz. Als der Fries im Herbst 2002 an den Längswänden des
Kirchenschiffes aufgehängt wurde meinten Skeptiker dass ein solcher Totenreigen zu bedrängend
zu verstörend für das Gemeindeleben sei. Die Zeit hat alle Unkenrufe verstummen lassen mehr
noch betritt man die von Dominikus Böhm erbaute Kirche (1933) fügen sich die Bilder dieses
Danse macabre so harmonisch und selbstverständlich in den Gesamteindruck des Raumes dass ohne
sie die Kirche kahl und leer erschiene.Doch darüber hinaus ist der Rheydter-Totentanz weit mehr
als kunstvolles Interieur oder kostbarer Raumschmuck. Von Anfang an diente jeder Totentanzfries
der Verkündigung ist er Bildgewordene Botschaft an die Besucher die ihn betrachten. Denn was
anderes macht unsere Lebenszeit so einzigartig und wertvoll als ihre Begrenzung durch den Tod?
Und jeder Blick auf das Totengerippe wirft unwillkürlich die Frage auf wohin uns Gevatter Hein
tanzend entführt? Das wussten unsere Ahnen vielleicht besser als wir Heutigen dass die ars
vivendi in der ars moriendi gründet und dass der große Tanzmeister des Lebens der Tod
ist.Daher ist es nicht nur ein Glücksfall für unsere Gemeinde sondern für die interessierte
Öffentlichkeit dass am 1. Todestag von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2006 Lüpertz seinen
Totentanz der Franziskuskirche geschenkt hat und auf diese Weise einen unbeschränkten Zugang
zum Kunstwerk ermöglicht. Nur einem kleinen Kreis war bisher bekannt dass der Künstler für
dieses Großwerk sieben Vorstudien gemalt hat. Da sich am 25. April 2021 der Geburtstag von
Markus Lüpertz rundet soll dieser Tag nun Anlass sein diese Bilder (70 x 100 cm) zum ersten
Mal in diesem Buch zu präsentieren um unseren tiefen Dank zu dokumentieren. Hinzu treten neun
Zwischenrufe jahrzehntelanger Weggefährten des Geburtstagskindes die anekdotenhaft oder
lyrisch Erinnerungen aufleuchten lassen. Den Schlusspunkt setzt der Künstlerfreund Bert
Gerresheim mit seinem fulminanten Geburtstagsbrief.Das Genre des Totentanzes entstand im
Mittelalter zu Pestzeiten im 21. Jahrhundert angekommen glaubten wir dass solche Pandemien
endgültig der Vergangenheit angehören würden doch das Corona-Virus hat uns eines Besseren
belehrt. Auch heute fordert uns der Tod zum Tanze auf. Wir können vor ihm die Augen
verschließen weglaufen erstarren. Oder ihm ins Auge schauen und erkennen dass er zur
Schöpfung gehört. Dann kann er uns die Augen für den Schöpfer öffnen und auf diese Weise zum
wahren Tanzmeister des Lebens werden.