Polen entstand im 20. Jahrhundert zweimal neu auf der Landkarte: 1918 als ungeahnter Profiteur
der Grenzziehungen nach dem Ersten Weltkrieg nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als
sowjetischer Satellitenstaat. Das Entstehen dieser Staatlichkeiten war von massiver
antisemitischer Gewalt begleitet die sich im Zuge von Machtvakuum sowie Grenz- und
Bürgerkriegen ausbreitete und so zum fragwürdigen Geburtshelfer politischer Vergemeinschaftung
wurde. Die Untersuchung geht von der Überlegung aus dass Staatsneubildungsprozesse kollektive
ethnische Gewalt wie Pogrome begünstigen. Insofern wird in diachroner Perspektive untersucht
welche Gelegenheitsstrukturen für Gewalt sich in den konsolidierenden Staatlichkeiten boten und
wie die Autoritäten auf die Pogrome reagierten. Das Hauptaugenmerk liegt auf den
Pogromauslösern der Rolle der sich jeweils neu herausbildenden Staatlichkeit sowie dem
Pogromverlauf. Im Fokus steht das Konstrukt jüdischer Aggression das in beiden Fällen zentral
für die Rechtfertigung der Pogromgewalt war. Wurden Juden in den Pogromen 1918-1920 als
Verräter wahrgenommen sah man sie 1945 46 als dem kommunistischen Staat inhärent an was auch
Auswirkungen auf die ausgeübte Gewalt hatte. In der Diskussion der Unterschiede und
Gemeinsamkeiten wird vor allem performatives Verhalten berücksichtigt wobei Traditionen der
Täter aber auch Vorstellungen über die Religion der Opfer zum Ausdruck kommen.Die Studie hilft
Situationen zu erkennen in denen Gewalt besonders intensiv auftritt und soll einen Beitrag
zur Weiterentwicklung einer Pogromtheorie leisten.