Das Meer inspirierte schon immer Menschen der schreibenden Zunft. »Weit breite ich die Flügel
aus und weiß nichts mehr als: Schweben - Vogelsein!« begeisterte sich Else Lasker-Schüler. Ab
1915 reiste sie immer wieder an die »Pommersche Riviera«. Um die gleiche Zeit weilt die
britisch-neuseeländische Schriftstellerin Katherine Mansfield an der französischen Südküste
ihrem Arkadien in Bandol: »Es ist wieder Abend. Die See geht sehr hoch. Sie bahnt sich einen
Weg schäumt auf und über. Umarmt die Felsen und wirft sich auf sie (...). Über dem Berg ein
hellblauer Himmel der wie das Innere einer nassen Muschel glänzt.« Das Meer als Spiegel der
Seele? Oder so Heinrich Heine ein knappes Jahrhundert zuvor auf Norderney: »Oft wird mir sogar
zu Mute als sei das Meer eigentlich meine Seele selbst und wie es im Meere verborgene
Wasserpflanzen gibt die nur im Augenblick des Aufblühens an dessen Oberfläche heraufschwimmen
und im Augenblick des Verblühens wieder hinabtauchen: so kommen zuweilen auch wunderbare
Blumenbilder heraufgeschwommen aus der Tiefe meiner Seele und duften und leuchten und
verschwinden wieder ...« Das Meer hört zu spendet Trost wirft Anker zur Vergangenheit aus
drängt zu Klarheit versprüht Energie. Beneidenswert wer einen Schreibtisch mit Meeresblick
hat. »Endlich ein Arbeitszimmer wie man es sich wünscht: groß und licht bequem auf eine
nüchterne Art zwei Fenster hinaus auf das Wattenmeer viel Platz zum Gehen Tische wo man
Papiere ausbreiten kann Entwürfe alte und neue Briefe Bücher Muscheln und Seesterne
Ketten von trockenem Tang ...« Tagebuchnotizen von Max Frisch 1949 Sommergast in Peter
Suhrkamps Autorenhaus auf Sylt.