In mehreren Publikationen hat Tönnies sich gegen die These der Alleinschuld Deutschlands am
Ausbruch des Ersten Weltkriegs gewandt. Dabei hat er unterschieden zwischen den Ursachen des
Krieges ihren Begleiterscheinungen und dem äußeren Anlass. Das ursächliche Grundproblem
bestand für ihn in der strukturell angelegten sich über Jahre hinziehenden Konfliktsituation
zwischen Großbritannien und Deutschland eine Konstellation vergleichbar heute mit jener
zwischen den USA und China. Das seit 1870 aufstrebende Deutschland beanspruchte eine Position
im Konzert der europäischen Großmächte die ihm aufgrund seiner Bevölkerungszahl seiner
ökonomischen Potenz und seiner geopolitischen Bedeutung früher oder später zufallen musste ein
Anspruch durch den England sich in seiner weltpolitischen Bedeutung zwangsläufig bedroht und
herausgefordert sah.In diesem Zusammenhang hat Tönnies sich im Rahmen zweier großer
Monographien intensiv mit der politischen Rolle Englands befasst in der vorliegenden 1915
erschienenen vor allem mit der Außen- Kolonial- und Weltpolitik Großbritanniens in der 1917
publizierten Folgeschrift Der englische Staat und der deutsche Staat stärker mit den
innenpolitischen sozialen und verfassungsrechtlichen Verhältnissen.Der Text des vorliegenden
Bandes liest sich wie ein Schwarzbuch der von England weltweit über Jahrhunderte hinweg
begangenen Unrechtshandlungen. Zweifellos diente es der Relativierung entsprechender
Unrechtstaten des Deutschen Reiches etwa des Überfalls auf das neutrale Belgien zu Beginn des
Krieges. Allerdings richten sich die von Tönnies vorgetragenen Anklagen weniger gegen Englands
Volk und Kultur als vielmehr gegen dessen politische Elite und das durch sie beeinflusste
mehrheitlich nationalistisch und antideutsch eingestellte Pressewesen. 1924 also neun Jahre
später wird er sogar dafür plädieren dass sich das gesamte übrige Europa unter Englands
Führung begebe die britische Weltherrschaft also anerkenne und unterstütze um sie gegen die
außerhalb stehende Welt insbesondere gegenüber Pan-Amerika Russland und Ostasien behaupten zu
können.