Intersektionalität wurde in der Bundesrepublik bereits seit den frühen 1990er-Jahren von Linken
eingefordert die als Jüdinnen People of Color und oder Menschen mit Behinderung ihre
Situation als Mehrfachdiskriminierte im Ein-Punkt-Aktivismus etwa der Frauen- und Homobewegung
nicht berücksichtigt sahen. Der deutschsprachige akademische Betrieb griff solche Kritik erst
mit zehnjähriger Verspätung auf und behandelt sie zumeist als reinen Theorie-Import aus den
USA. Heute erfährt der vor allem im queerfeministischen Spektrum of Color verbreitete
intersektionale Ansatz der den gängigen Rassismus thematisiert zum Teil heftigen Widerspruch
nicht nur - erwartbar - von rechts sondern auch von links. Der Vorwurf lautet hier werde
«Identitätspolitik» zulasten eines Engagements für eine grundlegend andere bessere
Gesellschaft betrieben. Vor diesem Hintergrund zeichnen die Autoren zunächst den Denkweg der
Schwarzen US-amerikanischen Juristin Kimberlé Crenshaw nach die dem «provisorischen Konzept»
Intersektionalität Ende der 1980er-Jahre nicht nur den Namen gab sondern es in Antonio
Gramscis Reflexionen zu einem westlichen Marxismus fundierte und zugleich «postmoderne» Ideen
dafür politisch nutzbar machte. Daneben wird ein Überblick über das aktuelle Weiterdenken des
Konzepts aus einer internationalen soziografischen Perspektive gegeben. Im zweiten Teil des
Buches werden mit zahlreichen Interview-Auszügen belegt die Ergebnisse einer über mehrere
Jahre hin bundesweit durchgeführten wissenschaftlichen Studie zu sexualisierter Gewalt gegen
Jugendliche dargestellt. Hier zeigen sich überdeutlich die Notwendigkeit eines intersektionalen
Ansatzes zur Prävention und der Stärkung migrantischer Selbstorganisation. In einem kurzen
politischen Schlusskapitel wird das Fazit aus Theorie und Empirie gezogen: Bei der
Intersektionalität geht es nicht um die Pflege von kulturellen Eigenheiten sondern um eine
gesamtgesellschaftlich ausgelegte «Untersuchung der Unterdrückung» die für linke Politik unter
den heutigen Verhältnissen äußerst produktiv sein kann.