Das viertgrößte überseeische Kolonialreich der Welt war von 1884 bis 1914 das des Deutschen
Kaiserreichs. Dennoch ist diese Tatsache kaum bekannt und auch nur wenige Schulbücher behandeln
den deutschen Kolonialismus als Thema. Während in Frankreich und Großbritannien bereits seit
Längerem Debatten über die Auswirkungen des Imperiums auf ehemalige Kolonien und die
kolonisierten Gesellschaften stattfinden ist der Umgang mit dem deutschen Imperialismus erst
in jüngerer Zeit in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt. Erst 2015 räumte die deutsche
Regierung erstmals halbherzig ein dass die in den Jahren 1904 bis 1908 in der Siedlerkolonie
Deutsch-Südwestafrika (heutiges Namibia) durchgeführte Vernichtungspolitik als Völkermord
einzustufen ist. Doch die jüngste Belebung der Debatte über Deutschlands koloniale
Vergangenheit wird durch fortgesetzte Verdrängung Leugnung und eine populistische Rechte die
revisionistische Umdeutungen der deutschen Kolonialvergangenheit durchzusetzen versucht
behindert. Eine Kampagne gegen die postkolonialen Studien hat versucht jede ernsthafte
Auseinandersetzung mit den Verbrechen des imperialen Zeitalters zu denunzieren und
auszugrenzen. Henning Melber gibt einen umfassenden und schonungslosen Überblick über die
Geschichte der deutschen Kolonialherrschaft und analysiert wie ihr Erbe in der deutschen
Gesellschaft Politik und den Medien wirkt und debattiert wird. Dabei geht er auch auf die
Alltagserfahrungen von Afrodeutschen ein auf die Rückgabe geraubter Kulturgüter und auf die
Auswirkungen der Kolonialgeschichte auf wichtige Institutionen wie beispielsweise das
Humboldt-Forum.