Sind es Aphorismen? Es sind Aphorismen! Aber Franz Josef Czernins Aphorismen sind Aphorismen
der besonderen Art und deshalb erfordern sie eine Einführung die Ihnen als Leserin oder Leser
schlicht eine erste Lese- und Denkhilfe sein soll. Sie dient nicht zur Einstimmung sondern
gewisser¬maßen zur Eindenkung. Für alles andere den gattungshistorischen Kontext in den sich
die Texte einfügen den Kontext von Czernins Gesamtwerk den Kontext der acht Bände aphorismen
von 1992 aus denen hier eine Auswahl vorliegt sei auf das Nachwort verwiesen. Sie müssen sich
nämlich von vornherein von der Vorstellung lösen Sie bekämen hier 'Weisheiten' gar
Lebensweisheiten gebo¬ten. Stattdessen geht es darum den Schmerz den das Denken zufügt in
eine Erkenntniszer¬rung zu überführen. Diese Zerrung - hier kommt das Bild aus der Physis schon
an seine Grenze - ist aber nicht nur schmerzhaft sondern auch hilfreich für das Bekanntwerden
mit ungewohnten Unklarheiten die Sie hier als solche denken lernen können. Wer diese
Bekanntschaft als Zugewinn betrachtet wie ich es nahelegen möchte: ein solcher ist hier zu
erwarten. Die Auswahl möchte den Zugang zu einem Werk von acht Bänden und einem Registerband
von zusammen ca. 1000 Seiten dazu in isolierten Einzel¬sätzen von denen ein jeder alles
andere als eingängig ist ebnen und die Rezeption eines Werkes fördern das es in hohem Maße
verdient reflektiert zu werden. Der Aphorismus dient bei Czernin nicht als Wahr¬heits-träger
sondern als ein Medium das Experimente über die Bedingungen der Möglichkeit von - sprachlicher
- Erkenntnis erlaubt und in besonderer Weise ermöglicht. Traditionelle The-men der Gattung wie
Glaube und Zweifel Frage und Antwort oder Denken und Fühlen werden dabei aufgegriffen vor
allem aber radikalisiert individu¬ell perspektiviert und funktional grund-sätzlich neu
bestimmt. Es sind nicht länger autoritative Set¬zun-gen sondern permutative Erprobungen: des
diametralen Gegen-sat¬zes der Variation der ergän¬zenden Weiterführung der subti-len
semantischen Differenzierung und der feinsten Abweichung in dem was man 'könnte' kann oder
muss und was nicht was man begreift ergreift und wovon man ergriffen ist zumal in den Modi
von Selbstreflexivität und Rückbezüglichkeit.