Als 2003 die Bundesrepublik Jugoslawien vom Staatenverbund Serbien und Montenegro abgelöst
wurde verschwand nicht nur ein Name. Auch die jugoslawische Vergangenheit wurde abgelöst durch
separate Erinnerungskulturen der Nachfolgestaaten. Insbesondere im postjugoslawischen Raum
dient Erinnerungspolitik als wichtiges Instrument der Identitätsstiftung. An die Stelle
gemeinsamer Erfahrungen tritt ein vehementer Antijugoslawismus mit totalitaristischen Zügen.
Während beispielsweise der Krieg der Neunziger Jahre in Kroatien als Gründungsmythos gilt
brauchte Serbien einige Jahre mehr um die antifaschistische Staatstradition in eine
serbisch-nationale umzumünzen. Tausende Denkmale wurden auf dem Weg dorthin niedergerissen
Straßen umbenannt und neue Feiertage eingeführt. Die neuen Erinnerungsorte beziehen sich auf
ein kollektives Gedächtnis dass weit in die Vergangenheit zurückverlegt wurde: etwa in ein
mittelalterliches Großreich oder in die Habsburger Monarchie. Todor Kuljic liefert einen längst
überfälligen komplexen Einblick in die postjugoslawische Erinnerungspolitik und zeigt auf wie
gewalttätig und alltäglich zugleich der Kampf um konkurrierende Erinnerungen ist.