Zwischen 2020 und 2022 führte der Offenburger Historiker und Autor Wolfgang M. Gall mit den
Brüdern Werner (Jahrgang 1935) und Gerhard (Jahrgang 1943) Morstadt Gespräche über die Zeit
ihrer Kindheit und Jugend zwischen 1940 und 1960. So unterschiedlich die beiden Geschwister
aufgrund ihres Altersunterschieds aufwuchsen in einem wichtigen Punkt decken sich ihre
Erinnerungen: Über die Rolle des Vaters Fritz Morstadt vor 1945 schwiegen die Eltern. Darin
ähnelten sie den allermeisten Familien der direkten Nachkriegszeit: Traumatische Ereignisse wie
Verhaftung und Verfolgung aber erst recht mögliche Verstrickungen in das System des
Nationalsozialismus wurden vor den Kindern nicht thematisiert. Wolfgang M. Gall schildert
kenntnisreich und detailliert die historischen Ereignisse der Kriegs- und Nachkriegsjahre in
Offenburg und der Welt und verknüpft diese mit der Familiengeschichte und den Erzählungen der
beiden Morstadt-Brüder. Seine Recherchen in Archiven über die beruflichen Stationen die
Auswertung von privaten brieflichen Äußerungen des Vaters sowie die Aufklärung des
schrecklichen Unrechts das dem Onkel der Brüder widerfuhr geben diesen Zeitzeugen-Interviews
eine zusätzliche bewegende Dimension.