Was wir heute unter der Selketalbahn verstehen nämlich das 52 km weite Meterspurnetz zwischen
Gernrode Harzgerode Alexisbad Stiege Hasselfelde und Eisfelder Talmühle war in den Jahren
1887-1905 durch die Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn-Gesellschaft (GHE) als Anhaltische Harzbahn
ins Leben gerufen worden. Auch wenn die Bahn lediglich vom Quellgebiet östlich von Stiege bis
hinunter nach Mägdesprung dem Flüßchen Selke folgt so bürgerte sich schon vor dem 1. Weltkrieg
für das gesamte Netz der Begriff Selketalbahn ein. Für die aufblühende Industrie den Bergbau
die Land- und Forstwirtschaft die Anwohner und Sommerfrischler leisteten die Schmalspurzüge
überaus wertvolle Dienste bis die sowjetischen Besatzer im Frühjahr 1946 mit der Demontage
eines Großteils des Netzes als Reparationsleistung begannen und auch die meisten Fahrzeuge
requirierten. Umgehend lief der Neuaufbau im Bereich Gernrode - Harzgerode Lindenberg
(Straßberg) an und mit dem Übergang an die Deutsche Reichsbahn im Jahr 1949 begann eine neue
Ära. Durch sie wollen wir nun einen fotografischen Streifzug unternehmen ohne den in der
bisherigen recht umfangreichen Harzbahnliteratur eingehend dargestellten Werdegang des Netzes
der Stationen und Fahrzeuge abermals aufzurollen. Wir betrachten das Streckennetz die urige
Landschaft die reizenden Stationen und typischen Fahrzeuge und versetzen uns zurück in eine
Zeit als die Selketalbahn für die Wirtschaft die Bewohner und Gäste des Tals noch unabdingbar
war und zum Alltag gehörte wie das Krähen des Hahns. Die DR übernahm eine zweigeteilte
Selketalbahn: Während der westliche Teil die Strecke Eisfelder Talmühle - Hasselfelde als
Zweig der Harzquerbahn fungierte führte der östliche zwischen Gernrode Harzgerode und
Straßberg ein Eigenleben mit beschaulichem Betriebsablauf und urtümlichen großteils von der
Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn stammenden Fahrzeugen. Die kleinen C-gekuppelten Lokomotiven
waren vor den immer schwerer werdenden Zügen bald überfordert. Abhilfe kam ab 1956 mit sechs
von Wernigerode nach Gernrode umgesetzten Mallet-Lokomotiven die über drei Jahrzehnte hinweg
den Zugverkehr im Selketal prägen sollten. Im Laufe der 60er Jahre wurde immer offenkundiger
daß der Schmalspurbetrieb trotz aller Rationalisierungen nicht mehr zeitgemäß war so daß der
Ministerrat der DDR anwies die Selketalbahn nur noch auf Verschleiß zu betreiben und
spätestens 1974 den Verkehrsträgerwechsel zu vollziehen. Es kam anders: Stattdessen wurde sie
1972 zum Technischen Denkmal deklariert und es begannen die Planungen für den Lü-ckenschluß
Straßberg - Stiege. Mit Inbetriebnahme dieser Neubaustrecke im Jahr 1984 begann wiederum eine
neue Epoche: Rollwagenzüge gelangten von Nordhausen bis Silberhütte später für kurze Zeit bis
Harzgerode und die großen 1'E1'-Lokomotiven hielten Einzug. Der im östlichen Streckenteil
durchweg mit Schmalspurwagen abgewickelte Güterverkehr ging gleich nach Wende rapide zurück so
daß er im April 1990 eingestellt wurde. Im Harzer Fremdenverkehr nimmt die Selketalbahn seit
1993 ein Teil der Harzer Schmalspur-bahnen GmbH noch heute einen hohen Stellenwert ein.