Der 9. Almanach der Pratajev-Gesellschaft öffnet seinen festlichen Vorhang anlässlich Pratajevs
100. Geburtstag und mit epochalen Ereignissen seiner musikalischen Erben den Russian Doctors
schließt er sich mit heftigem Applaus. Hauptaugenmerk ist eine verschollen geglaubte Bauernoper
des Erlenholzgitarristen und Pratajev-Freundes Anatoli Prumski. Das kurz nach dem Tod des
Dichters entstandene Werk »Lasst Dalmatow friedlich schlafen« wurde in den frühen 1960er-Jahren
im Rajon Rovtlovensk zu einer Institution in Szene gesetzt durch den Heldenbariton Oleg
Dramarow und der Sopranistin Nina Nitrokowa. Jeder Kolchos verzehrte sich nach einer Aufführung
und nahm am Schicksal des von einer Erntemaschine überrollten Dalmatow samt seiner großen Liebe
Jewgenjewna Perwollskaja genannt »Die Kuschelige« emotional gelitten teil. Sämtliche
Pratajev-Forscherlager sind sich einig dass mit der Wiederentdeckung dieses schwarzhumorigen
Epos das bisher größte Stückwerk Sekundärliteratur pratajevscher Historie wieder zu Tage
gefördert werden konnte.Vorläufig letzte Auszüge aus dem Band »Ich möchte eine Pflanze in
deinem Garten sein« versprechen die Tagebücher der Helga »Peitscha« Bauer. In der Endphase
ihres mehrjährigen Miloproschenskojer Aufenthaltes muss sie feststellen dass auch für den
tapfersten hysterionischen Schmetterling das Flattern von Blüte zu Blüte an die Substanz geht.
Ihr Weg führt sie schließlich nach Molybdanov. In der »Stadt der 1.000 Fischbrötchen« verliebt
sich die Brandenburgerin in Jekaterina der jüngsten Tochter Andrey Voyörovs. Schon bald wirft
dieser strenge Vorsitzende des Stadtsowjets ein ungutes Auge auf das Treiben der
beiden.Pratajev selbst steht in seiner Rolle als viel trinkender Philosoph unter dem Nenner der
»Schnapspoesie« im Rampenlicht. Viele im Almanach erstmals vollständig versammelten
Überlieferungen dieses Sujets fanden ihren Ursprung als Auftragswerke für Wirtshäuser.
Dahingekritzelte Zigarettengedichte wie: »Nachbarstochter troll dich an den Pranger denn
Schnaps macht schwanger« entstanden fast allesamt aus einer trunkenen Laune heraus. Sie wurden
erschaffen um eine Zeche zu begleichen oder um besonders beliebten Sorten zu huldigen.Auch
Trinker müssen essen: Pratajevs Vorliebe für besondere Kulinarik wird im Kapitel »Ich brenn mir
Schnaps und brat mir Schwein und Katze« u.a. mit der Rezeptur für den »Trovlower Miststollen«
Genüge getan. Und wer immer schon wissen wollte warum das Sitzen auf bunten Stühlen durchaus
Gefahren birgt der ist im 9. Haus aus Stein goldrichtig.