Wenn Sie Ihren Sohn noch einmal sehen wollen kommen Sie zum Bahnhof Mit diesen Worten
informierte die Domjücher Pflegerin Anna Dentzer am 10. Juli 1941 die Angehörigen eines
Patienten der einen Tag später mit dem Zug in die Vergasungsanstalt Bernburg an der Saale
gebracht werden sollte. Dieser Patient war einer von etwa 100 psychisch und körperlich
behinderten Menschen die am 11. Juli 1941 von der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Domjüch
bei Neustrelitz abgeholt und zur Tötung in die Anstalt Bernburg gebracht wurden. Dieser
Transport organisiert und durchgeführt von Tarnorganisationen der sogenannten Euthanasieaktion
T4 war der Höhepunkt einer zuvor jahrelangen Diskriminierung behinderter Menschen in der Zeit
des Nationalsozialismus. Dieses Buch erzählt die Geschichte der Ausgrenzung sogenannten
unwerten Lebens am Beispiel der Heil- und Pflegeanstalt Domjüch. Es begann mit den 1934
einsetzenden Zwangssterilisationen aufgrund des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses
und endet mit den Patiententötungen im Rahmen der zentralen und später dezentralen Euthanasie.
Dabei stehen insbesondere Einzelschicksale von Patienten im Mittelpunkt der Dokumentation.
Schicksale von Menschen die aufgrund einer psychischen oder körperlichen Erkrankung nicht in
das Idealbild der nationalsozialistischen Rassenpolitik passten.Viele Jahre war in der
Öffentlichkeit über ihr Schicksal nichts bekannt. Dieses Buch soll dazu beitragen die
Erinnerung an diese Opfer einer abartigen Rassenideologie aufrechtzuerhalten und zu verhindern
dass ein solches Verbrechen jemals wiederholt wird. Denn das Vergessen der Vernichtung ist Teil
der Vernichtung selbst.