Das Hôtel-Dieu im Schatten der Pariser Kathedrale Notre-Dame nimmt seit Jahrhunderten
mittellose Schwangere auf die kurz vor der Entbindung stehen und nicht wissen wohin. Es ist
ein Mikrokosmos der die Gesellschaft unter Extrembedingungen spiegelt - und doch weiß man
wenig über die konkreten Bedingungen das Erleben an diesem vielfach tabuisierten Ort.In den
Jahren um 1930 betritt eine junge Frau dieses Heim. In den überfüllten Saal wird zwischen die
Nummern 60 und 61 ein weiteres Bett geschoben: 60a.Henriette Valets Roman Madame 60a begleitet
die namenlose aber nummerierte Protagonistin bis zur Geburt ihres Kindes und zur Entlassung
aus dem Hôtel- Dieu. Wir sehen die Routinen und Schmerzen die Gehässigkeit und Verzweiflung
der Frauen aber auch ihre Freimütigkeit und ihren Zusammenhalt. Die Niedertracht der Situation
in die sie geraten sind konzentriert die Niedertracht einer ganzen Gesellschaft. Valets
Beobachtungen sind unbestechlich ungeschönt aber Madame 60a gestattet sich selbst keine
Verbitterung: Gegen die Unterdrückung der Frauen ebenso wie gegen deren Resignation erhebt sie
eine wütende und ergreifende Anklage.