Unter dem Gesichtspunkt des Erzählerischen ist und war der Stummfilm nicht stumm. Vielmehr
entwickelte dieser eigene Strategien um die nicht hörbare menschliche Stimme in einem
optischen Geschehen zu repräsentieren - aber nicht um das vermeintliche Manko der Tonlosigkeit
zu kompensieren sondern im Gegenteil als Ausdruck einer großen Faszination an der Stimme - so
die zentrale These von Fuseks Studie. Denn die visuelle Darstellung der unhörbaren Stimme geht
im Stummfilm weit über die für die Narration nötige Darstellung von Sprechakten hinaus und
schlägt sich poetisch motivisch medienreflexiv und wirkungsästhetisch innovativ nieder. Die
Autorin fasst den Stummfilm als »Medium von Stimmlichkeit« auf das verschiedene
Erscheinungsformen von »Stimme« produziert in denen das Verhältnis von Körperlichkeit
Visualität Sprache und Affektivität neu definiert wird. Anhand der paradoxalen Figur der
»stummen Stimme« geht die Autorin spezifischen Formen der Erscheinungsweisen von Stimme im
Stummfilm nach: die direkte Adressierung des Zuschauers durch Zwischentitel verweist noch auf
die die Verdrängung der »viva vox« des Filmerklärers aus dem Kino in der Frühphase des
Stummfilms eingebettet in konkrete Film- beispiele werden anhand der Figuren der Taubstummen-
Opern- der Frauen Telefon- und der Bauchrednerstimme plastisch ästhetische Strategien der
U¿bersetzung dieser stummen Stimmen in der Frühphase des Kinos herauspräpariert - mit
überraschenden Ergebnissen. Ganz nebenbei wird damit der Stummfilm auch aus seiner ihm
zugeschriebenen Rolle befreit nur eine defizitäre Vorform der Gattung Film zu sein die erst
mit Ton und Farbe zu sich selbst gekommen sei.