In dieser Arbeit wurden numerische Grundlagenuntersuchungen hinsichtlich des Wanderverhaltens
von Wälzlagern durchgeführt. Der Begriff Wandern bezeichnet raupenartige Walkbewegungen der
Lagerringe welche zu einem kontinuierlichen Verdrehen der Lagerringe gegenüber der
Anschlussgeometrie führen. Ziel dieser Arbeit ist die Erarbeitung einer neuen Herangehens- und
Betrachtungsweise zur Gestaltung und Auslegung von Lagersitzen in praxisnaher Form. Letztlich
sollen dem Konstrukteur anwendungsbereite Gestaltungsmöglichkeiten und Werkzeuge zur Verfügung
stehen die eine zielgerichtete Bewertung und Ausführung von Lagerring-Sitzen im Hinblick auf
Schlupf- und Wandereffekte ermöglichen und auf diese Weise teure Folgeschäden verhindern
helfen. Mittels diverser Finite-Elemente-Analysen wurden anhand von komplexen
3D-Kinematiksimulationen erstmals die kinematischen Wandervorgänge in Lagersitzen unter realen
Randbedingungen nachgebildet. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen die Einflussparameter
welche Wandern verursachen und begünstigen sowie geometrische und konstruktive Abhilfemaßnahmen
zur Verringerung bzw. Eliminierung der Wandereffekte. Basierend auf den gewonnenen
Erkenntnissen kann der Einsatz breiter vollrolliger Wälzlager zur Reduzierung der
Wanderneigung empfohlen werden. Ebenso ist die Vergrößerung der Pressung im Lagersitz eine
wirksame Maßnahme zur Vermeidung von Wandern. Weiterhin liefert die Arbeit dem Anwender anhand
ausführlicher Parameteranalysen konkrete Hinweise zur Optimierung seiner Lagerkonstruktion
bezüglich der Lagerwahl. Die Untersuchungen zeigen dass das Kegelrollenlager und das
Schrägkugellager die Bauformen mit der höchsten Wandergrenze darstellen. Das
Zylinderrollenlager sowie das Tonnenlager weisen niedrigere Grenzbelastungen auf und sind daher
anfälliger gegen Wandern. Am ungünstigsten sind Rillenkugellager. Zur Ermittlung
wanderkritischer Betriebszustände sowie der auftretenden Wanderkräfte bei Überschreitungen der
Wandergrenze wurden Berechnungsmodelle entwickelt. Die Bestimmung der Wandergrenze für
biegemomentfreie Lagersitze erfolgt mittels des COULOMB schen Reibgesetzes unter Verwendung
analytischer Gleichungen zur Berechnung der lokalen Spannungen im Lagersitz. Der
Berechnungsalgorithmus wurde mittels einer einfachen 2D FE Routine programmtechnisch umgesetzt.
Als Ergebnis liegt das vollautomatisierte Programm SimWag vor welches selbstständig bestimmt
ob das untersuchte Lager die Wandergrenze über- oder unterschreitet. Zur Ermittlung
wanderkritischer biegemomentbelasteter Lagersitze wurden empirische Gleichungen auf Basis des
Klaffbiegemomentes erarbeitet. Zudem wurde eine einfache allgemeingültige
FE-Simulationsmethodik auf Basis eines Lagersegments unter statischer Last entwickelt mit
welcher die Wanderkraft bzw. das Wandermoment von punktlastigen Außenringen überschlägig
berechnet werden kann.