Spätantike ist immer noch eine große Unbekannte - insbesondere auf Ebene der archäologischen
Hinterlassenschaft einzelner Stadtkulturen. Hier wird aus der Erfahrung von 25 Jahren eigener
Bauforschung vor Ort versucht eine spätantike Stadtbiographie zu schreiben. Im Zentrum steht
Ostia heute weltgrößte Flächenausgrabung in der hohen Kaiserzeit Dienstleister der Kapitale
Rom und selbst zentrale Handelsmetropole des westlichen Mittelmeerraums. Fast alle Bauten
Ostias entstanden im 2. Jh. n. Chr. seine spätantike Rolle galt dagegen als bedeutungslos.
Dieser Blickwinkel geht an einer zentralen Beobachtung auf Materialebene vorbei: vieles was
man heute sieht spiegelt einen veränderten Zustand der Stadt des 5. Jhs. n. Chr. wider - und
geht auf spätantike Umbauten zurück. Unerwartet direkte Parallelen bietet ein Vergleich mit
spätantiken Blütemetropolen wie Ephesos und Aphrodisias aus dem Osten des römischen Imperiums:
Ostia wie man es heute sieht ist Produkt geradezu typisch spätantiker urbanistischer
Tendenzen. Und die städtebaulichen Musterlösungen sind bis heute aktuell: Wie geht man mit dem
Phänomen schrumpfender Innenstädte und wachsender Müllhalden um? Wie löst man Probleme von
wirtschaftlicher Abwanderung und innerer Unsicherheit? Alle Beobachtungen sind in Art eines
Reiseführers als konkreter Spaziergang durch die Stadt gegliedert - erfahrbar werden so die
heidnisch-profane Alltagskultur und die Nutzung von Stadtraum jenseits des üblichen Blicks auf
frühchristliche Kirchen.