Der Roman Gegenwindschiff von Jaan Kross dem bedeutendsten estnischen Schriftsteller der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschien 1987. Hauptperson der Erzählung die Kross nicht
als Biographie sondern allenfalls als romanisierte Biographie verstanden wissen will ist der
verschrobene Tüftler und Erfinder Bernhard Schmidt. Als Jugendlicher verliert Schmidt beim
Experimentieren mit Schießpulver seine rechte Hand. Trotzdem perfektioniert er die manuelle
Fertigung von Linsen und Spiegeln für astronomische Geräte und erfindet ein völlig neuartiges
Spiegelteleskop das in der Astrofotografie erfolgreich verwendet wird. Auch andere Erfindungen
ersinnt dieser kreative Geist der ab 1926 in der Sternwarte von Hamburg-Bergedorf arbeitete:
das titelgebende Gegenwindschiff ist ein gänzlich anders geartetes Segelschiff das besonders
gut im Gegenwind Fahrt aufnimmt. Der Roman verfolgt zwei Handlungsstränge: Im ersten erzählt
Schmidt - zwischen Selbstzweifeln und Hochmut hin- und hergerissen - in der Ichform vom
dramatischen Auf und Ab seines Lebens. Damit verwoben ist der zweite Strang der die spannende
Recherche des Autors wiedergibt der Menschen aufsucht die Schmidt noch persönlich kannten.
Kross gelingt durch seine eindrucksvoll psychologische Darstellungsweise nicht nur ein
beeindruckendes Porträt sondern auch ein plastisches Panorama Deutschlands in der Zeit der
Zwischenkriegsjahre von 1926 bis zu Schmidts Tod 1935.