Hegels Phänomenologie des Geistes die als sein erstes größeres Werk im Jahre 1807 erschien
nimmt in der Geschichte der Philosophie eine höchst bedeutsame Stelle ein. In diesem
merkwürdigen Buche finden sich alle geistigen Bestrebungen seiner Zeit wie in einem Brennpunkte
vereinigt die philosophische Arbeit der vorangegangenen Jahrzehnte die das menschliche Denken
weiter vorwärts gebracht hatte als vorher lange Jahrhunderte wird hier über sich selbst
verständigt und zu einem vorläufigen Abschlüsse gebracht. Ein universaler Denker der in
schöpferischer Kraft und mit bohrendem Fleiße sich des geistigen Besitzes seiner Zeit im
weitesten Umfange bemächtigt hat offenbart hier seine Meisterschaft und drückt in überlegenem
Spiel mit den Problemen der Wirklichkeit die er in dem reinen Lichte des sich selbst
durchsichtigen Geistes auflöst der ganzen Welt das Siegel seiner Souveränität auf. Ein Stein
des Anstoßes und ein Zeichen dem widersprochen wird steht dieses Werk da rätselhaft nicht
bloß für das gewöhnliche Bewußtsein sondern auch für die hergebrachten Weisen
wissenschaftlicher Gedankenbildung. Aber abgesehen von den Stimmen urteilsloser Gehässigkeit
denen irgendwelches Gewicht nicht beizulegen ist wird ihm von allen Seiten ein gewisser
scheuer Respekt bewiesen und der gewaltigen Gedankenarbeit die es in sich schließt die
aufrichtige Bewunderung auch von den Gegnern nicht versagt. Daß die große Zeit der deutschen
idealistischen Philosophie in diesem Werke ihr eigentümlichstes Denkmal gefunden hat darüber
herrscht unter den Sachverständigen wohl Übereinstimmung. [...] Der Verlag der Wissenschaften
verlegt historische Literatur bekannter und unbekannter wissenschaftlicher Autoren. Dem
interessierten Leser werden so teilweise längst nicht mehr verlegte Werke wieder zugängig
gemacht. Das vorliegende Buch ist ein unveränderter Nachdruck der historischen Originalausgabe
von 1907.